APRIL-Argumentation-07-2006

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Argumente gegen den Teilverkauf der LWB

Abgestimmte Version des APRIL-Netzwerks vom 14.7.2006

Argumente gegen den Teilverkauf der LWB

Die Teilprivatisierung der LWB könnte theoretisch auf zwei Wegen erfolgen:

  1. Verkauf von Geschäftsanteilen bis maximal 49 Prozent oder/ und
  2. Verkauf von Wohnungsbeständen.

Außerdem könnte versucht werden, Eigenkapital zugunsten des Stadthaushaltes abzuziehen und die LWB zur Aufnahme zusätzlicher Kredite zu veranlassen. Da sich wegen der gegenwärtigen Kreditbelastung der LWB dazu keine Bank in größerem Umfange bereit erklären dürfte, wird dieser Weg nicht weiter verfolgt.

Der erste Weg scheidet derzeitig wahrscheinlich auch aus, da die LWB aufgrund ihrer Geschäftspolitik seit der ersten Hälfte der neunziger Jahre hoch verschuldet ist und keine Gewinne abwirft. Welcher Finanzinvestor hätte unter diesen Bedingungen Interesse an einer renditearmen bzw. -losen finanziellen Beteiligung?
Das entscheidende Verkaufshemmnis bei den Gesellschaftsanteilen liegt darin, dass bei Verkauf von weniger als 50 Prozent der Gesellschaftsanteile und diesem Verhältnis entsprechendem (im Gesellschaftsvertrag geregelten) Kräfteverhältnis der Gesellschafter untereinander die „unternehmerische Führerschaft“ bzw. Dominanz für den Anteilskäufer nicht gegeben ist. Diese Macht würde jedoch zur Durchsetzung von (kurz- und mittelfristig) renditesteigernden Maßnahmen unbedingt benötigt.

Der zweite Weg wird in gewisser Weise schon durch die Geschäftsführung praktiziert. Sie unterscheidet zwischen dem Kernbestand mit ca. 39.000 Wohnungen und dem Verwertungsbestand mit ca. 13.000 Wohnungen. Letztere werden sukzessiv objektweise verkauft oder abgerissen.
Um sofort einen spürbaren finanziellen Beitrag zur Konsolidierung des Stadthaushaltes zu erbringen, müsste die derzeitige Geschäftsstrategie des sukzessiven Einzelverkaufs aus dem Verwertungsbestand in einen Sofortverkauf ganzer Pakete zusammenhängender Bestände verändert werden.

Dagegen spricht grundsätzlich:

  • Eine Verringerung des Kernbestandes auf wesentlich weniger als 39.000 WE stellt den sozialen Versorgungsauftrag der LWB infrage.
    39.000 WE sind 12,3 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes in der Stadt (insgesamt dauerhaft 316.000 WE; Abriss und Neubau gleichen sich absehbar aus.)
    Die Zahl der Haushalte mit niedrigem Einkommen ist heute schon wesentlich höher: ca. 50.000 Arbeitslose (Quote etwa 20 Prozent), 12.000 Leistungsempfänger SGB III, ca. 80.000 Leistungsempfänger SGB II.
    Hinzu kommen Berufstätige mit prekärem Einkommen, Alleinerziehende, alleinlebende Rentnerinnen und andere einkommensbenachteiligte Personen bzw. Haushalte.
    So verfügen 87.000 Haushalte (31 Prozent der Haushalte) nur über ein Einkommen von weniger als 1000 Euro im Monat (Stand Oktober 2005).
    Zwar können auch Wohnungsgenossenschaften und private Hauseigentümer zur sozialen Wohnungsversorgung beitragen; aber dazu wären durch die Stadt auch Belegungsrechte zu erwerben und ggf. höhere Kosten für Unterkunft und Heizung bzw. Wohngeld zu übernehmen.
  • Der Verkauf ggf. nachgefragter, rentabler Teilbestände (z. B. in zentrumsnahen Bereichen) an Finanzinvestoren würde die ökonomische Existenz der LWB gefährden und damit Nachteile für den städtischen Haushalt bewirken oder in größerem Umfange sozial nachteilige Mieterhöhungen auslösen.
    Hinzu kommt, dass attraktive Bestände in Zentrumsnähe bereits in den neunziger Jahren an Fonds verkauft wurden und von der LWB nur noch in deren Auftrag verwaltet werden.
  • Sofern nicht sukzessive, sondern – zwecks schnellstmöglicher Erzielung von Verkaufserlösen zur Entlastung des städtischen Haushaltes – schlagartig komplette Bestandspakete „auf den Markt geworfen“ würden, hätte dies zwangsläufig ein Absinken der Preise (nicht nur) dieser Immobilien zur Folge.
  • Zudem besteht das Überangebot an Wohnungen weiterhin. Werden im Paket größere Bestände erworben, würde der Käufer (durch Sanierung oder Dumpingmieten) darauf zielen, schnell eine Vollvermietung zu erreichen.Das könnte leicht Auszugswellen bei bislang noch „gesunden“ Wohnungsunternehmen in Gang setzen, die dadurch wieder unter wirtschaftlichen Druck geräten. Eine rein marktwirtschaftliche Lösung könnte also leicht in einem „race to the bottom“ enden. Das wäre auch für bereits jetzt von hohen Leerständen betroffene Stadtteile problematisch und würde dort zu einem weiteren Downgrading führen.

Außerdem würden beim Teilverkauf kompletter Pakete alle im Info-Blatt vom 15.06.06 „Kein Ausverkauf der Stadt! Leipzig braucht ein kommunales Wohnungsunternehmen“ beschriebenen Nachteile für die betroffenen Mieter, für die Stadtentwicklung in den betreffenden Ortsteilen und die örtliche Wirtschaft – wenn auch gegenüber dem Totalverkauf nicht in vollem Umfange – bleiben.