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Version vom 29. Juli 2007, 20:40 Uhr
( Home APRIL )
Allgemeines
- Profis an der Spitze. Unter dieser Überschrift berichtet der "Spiegel" (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.) über Tendenzen der Rekommunalisierung öffentlicher Dienstleistungen, da sich herausstellt, dass kommunale Firmen diese Dienstleistungen in vielen Fällen ökonomisch günstiger erbringen als private Unternehmen. Dies gilt besonders für infrastrukturelle Bereiche wie Energie, Stadtreinigung oder Müllabfuhr, wo die Dienstleistungen zu einer natürliche Monopolstellung führen, so dass ökonomische Steuerungsinstrumente allein nicht ausreichen, um Monopolgewinne zu vermeiden, die die kommunalen Kassen und die Taschen der Bürger unverhältnismäßig belasten. Städte- und Gemeindebundchef Schäfer betrachtet das nicht als Glaubensfrage, sondern legt kühles ökonomisches Kalkül an. So ist es etwa durchaus sinnvoll, die Reinigung öffentlicher Gebäude weiter privaten Firmen zu übertragen.
- Es gibt allerdings Bereiche, in denen natürliche Rahmenbedingungen Kooperation oder Expansion über die kommunalen Grenzen hinaus erforderlich machen: "... gerade im Stromgeschäft ist eine Expansion von zentraler Bedeutung für Kommunalunternehmen. Viele von ihnen wollen durch eigene Kraftwerke die Abhängigkeit von teuren Lieferungen des mächtigen Versorger-Quartetts aus EnBW, E.on, RWE und Vattenfall verringern. In Hamm-Uentrop etwa baut ein Bündnis kommunaler Stadtwerke gerade ein großes Gaskraftwerk, das bis zum Jahresende ans Netz gehen soll. Die Stadtwerke Schwäbisch Hall haben kürzlich ein eigenes Blockheizkraftwerk fertiggestellt und wollen nun zusammen mit kommunalen Kraftwerksbetreibern Ölpalmenplantagen in Übersee kaufen, um Brennstoff für geplante Biomassekraftwerke zu bekommen." (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.)
- Kommunale Unternehmen sind vor allem dann in Gefahr, wenn die Politik sie als Beute betrachtet: Die Substanz wird gefährdet, wenn nicht Fachpersonal, sondern abgehalfterte Ex-Politiker ohne ausgewiesene kaufmännische Fähigkeiten auf GF-Posten gehievt werden. An die Spitze solcher Unternehmen gehören zwingend Profis, die den Betrieb nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten führen können. "Wenn da erst der Filz einzieht, ist die Sache mit der Kommunalwirtschaft auch ganz schnell wieder vorbei." (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.)
Braunschweig
Die LVZ berichtete am 17.04.2007 ausführlich über den Einstieg von Veolia in die Stadtwerke Braunschweig. Mehr unter APRIL.Braunschweig
Bergkamen
- Mitte 2006 ist die Müllentsorgung rekommunalisiert worden und wird nun durch einen kommunalen Eigenbetrieb ausgeführt. Trotz einer Grundinvestition von 1.6 Mill. Euro in Fahrzeuge und Logistik konnten die Abfallgebühren um 30% gesenkt werden. (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.)
- Die Stadt Bergkamen, 52000 Einwohner, hat 2007 auch die Müllabfuhr rekommunalisiert. Die Stadt spart dadurch 300000 Euro (=30%) gegenüber dem bisherigen Privatunternehmen. Strom und Gas hatte die Gemeinde bereits in den 90er Jahren rekommunalisiert. 2005 folgte die Stadtreinigung. Bürgermeister Roland Schäfer ist zugleich Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. (Quelle: www.linksfraktion.de, März 2007)
- Monitor-Bericht vom 18. Januar 2007: Die "orangene Revolution" - Städte holen die Müllabfuhr von Privaten zurück, http://www.wdr.de/tv/monitor/real.phtml?bid=859&sid=159
Dresden
Leider gescheitertes Bürgerbegehren gegen den WOBA-Verkauf in Dresden,
- Die Webseite http://www.woba-erhalten.de ist inzwischen aufgegeben und von den "Netzborgs" assimiliert.
- http://de.wikipedia.org/wiki/WOBA_Dresden
Duisburg
Quelle: Attac Köln per email, 27.7.2007
Gestern haben Vertreter der Initiative für ein Bürgerbegehren gegen die Veräußerung des Duisburger städtischen Klinikums im Rathaus über 18.000 Unterschriften übergeben. Erforderlich sind knapp 15.000.
Hauptforderungen: Vertragsänderung mit dem Sana-Konzern dergestalt, dass die Gemeinnützigkeit nicht aufgegeben werden darf und die Klinikum mehrheitlich in städtischer Hand bleibt (Streichung der Option auf Veräußerung weiterer Gesellschaftsanteile). Leider hatte die Ratsmehrheit aus CDU, Grünen und rechtem Rand am 26.4. bereits 49 % der Anteile verscherbelt.
Der Rat muss am 17.9. entscheiden.
Öffentliche Krankenhäuser sind überschuldet, ineffizient, einfach schlecht. Vor ein paar Jahren war das noch Konsens bei vielen Lokalpolitikern. Privatisierung hieß das Zauberwort. Große Ketten wie Asklepios, Helios und Rhön-Klinikum haben inzwischen einen beachtlichen Marktanteil in Deutschland erobert.
Doch langsam zeigt die Erfolgsstory Risse - nicht bei allen, aber doch bei einigen der privatisierten Krankenhäuser. Die Hamburger Verbraucherzentrale etwa verzeichnet seit der Privatisierung der kommunalen Kliniken einen Anstieg der Patientenbeschwerden. Und auch die Beschäftigten sind offenbar unzufrieden: Fast 2.000 Mitarbeiter wollen die privaten Asklepios-Kliniken verlassen und zurück in städtische Dienste: Die Arbeitsbedingungen seien unerträglich.
Quelle 1: ARD-Panorama (Text) http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2007/t_cid-4149182_.html
Quelle 2: ARD-Panorama (Video) http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2007/t_cid-4149182_mid-4153214_.html
Flensburg
- Die Stadtwerke gehören zu 100% der Stadt und sind aus einer solchen Rechtsform heraus am besten in der Lage, strategische Kooperationsoptionen zu gestalten. Fernwärmekosten liegen bei 75% des bundesdeutschen Durchschnitts. EIngesetzt wird dabei russische Kohle, die direkt über den Seeweg angeliefert und in SW-eigenen Anlagen aufbereitet wird. Inzwischen sind die SW auch im Strommarkt eingestiegen und beteiligen sich an einem Biomassekraftwerk in Brunsbüttel. Jährlich führt das Unternehmen etwa 4 Mill. Euro Gewinn an die Stadtkasse ab. Geschäftsführer Matthias Wolfskeil schätzt ein: "Wir wären nicht so erfolgreich, wenn wir einen großen Partnjer aus der Wirtschaft hätten." (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.)
Freiburg
2006 erfolgreiches Bürgerbegehren gegen die Privatisierung des kommunalen Wohnungsbestands
Hamburg
Bürgermeister Ole von Beust im Interview mit der Bildzeitung 13.7.2007 zum Verkauf der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) an Vattenfall:
Die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) wurden unter meinem Amtsvorgänger, Bürgermeister Runde, vom damaligen rot-grünen Senat verkauft. Im Nachhinein und mit dem heutigen Wissen war es ein Fehler. Heute würde ich die HEW nicht mehr verkaufen. Die Stadt hat nun keinen Einfluss mehr auf die Strompreise und nur geringen Einfluss auf die Investitionen des Unternehmens. Ein staatliches Monopol wurde durch ein Quasi-Monopol auf privater Seite ersetzt. Privatisierung macht für mich nur Sinn, wenn dadurch mehr Markt entsteht.
Herten
Die Stadtwerke Herten nannte Prof. Hennicke in seinem Vortrag als interessantes Beispiel.
Kiel
Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung an den Stadtwerken für 230 Mill. Euro an TXU im Jahre 2000. Insolvenz von TXU in Europa, aus der Insolvenzmasse kaufte MVV Energie die Anteile auf. Frühjahr 2006 - dritte Entlassungswelle. (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.)
Mülheim
- Direkte Demokratie in Mülheim, Bürgerbegehren gegen weitere Privatisierung erfolgreich, 05. Juni 2007
[ngo] "Soll die Stadt Mülheim es in Zukunft unterlassen, in Bereichen der Daseinsvorsorge Gesellschaftsanteile, Gebäude und/oder deren Betreibung an nicht gemeinnützige Private zu übertragen?" Bürgerinnen und Bürger von Mülheim wollten, dass diese Frage der Bevölkerung zur direkten Abstimmung vorgelegt wird. Dieses Ziel haben sie nun mit Hilfe eines von knapp 8000 Menschen unterstützten Bürgerbegehrens erreicht - außer der Rat der Stadt beschließt nun seinerseits, auf weitere Privatisierungen zu verzichten. Bestehen die kommunalen Volksvertreter hingegen auf ihrer bisherigen Politik, dann kann die Bevölkerung innerhalb von drei Monaten selbst entscheiden.
Mehr: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?H=N&Nr=16072
Nordrhein-Westfalen
- Die Düsseldorfer Landesregierung will ihre Anteile an der Wohnungssparte der Landesentwicklungsgesellschaft LEG (95000 Wohnungen, davon 80000 mit Sozialbindung) verkaufen. Zugleich wurde in NRW zum Januar 2007 die kommunale Option der Verlängerung der Kündigungssperrfrist für Wohnungen in öffentlicher Trägerschaft abgeschafft, die bundesweit 3 Jahre beträgt. Für ein Bürgerbegehren gegen diese Pläne sind bereits über 40000 Unterschriften zusammengekommen. Bis zum Juni 2007 müssen noch weitere 20000 Unterschriften gesammelt werden. Die Übertragung der Wohnungen an kommunale und genossenschaftliche Träger scheitert an deren ungenügender Finanzkraft. Der Verkauf ist anvisiert, obwohl die LEG in den letzten Jahren schwarze Zahlen schrieb. (Quelle: ND, 10.03.2007)
- Struktur der LEG: 68% Land, 22% NRW.Bank
Pforzheim
Privater Nahverkehr - Als erste Großstadt trennt sich Pforzheim von seinen Verkehrsbetrieben. Mehr unter APRIL-06-08-08.
Rhein-Hunsrück-Kreis
- Kommunalisierung der ehemals privaten Müllabfuhr seit 1.1.2006. Dadurch konnte nicht nur eine drohende Gebührenerhöhung von 15% abgewendet, sondern sogar eine Senkung um 4% vorgenommen werden. (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.)
Schönau
Schwarzwaldgemeinde Schönau: "In dem kleinen Schwarzwaldstädtchen Schönau haben im Juli 1997 erstmals in der Bundesrepublik Bürger die Stromversorgung ihrer Gemeinde übernommen.... "
Mehr unter http://www.ews-schoenau.de
Kreis Uckermark
- Der Kreis an der polnischen Grenze mit hoher Hartz-4-Rate entschloss sich zur Kommunalisierung der Müllabfuhr, nachdem im Zuge einer öffentlichen Ausschreibung keine bezahlbaren Angebote privater Firmen vorlagen. Der Aufbau einer kommunalen Entsorgungsfirma führte neben einer Einsparung von 1 Mill. Euro an Entsorgungskosten auch zu tariflich gebundenen Arbeitsplätzen, so dass die Kommune hier keine Hartz-4-Zuschüsse zahlen muss, wie dies bei einem privaten Entsorger zu erwarten gewesen wäre. (Quelle: Spiegel, 24/2007, S. 48 ff.)
Kreis Meissen
- Ein erfolgreiches Bürgerbegehren verhinderte den Verkauf der Elblandkliniken. Mehr unter
http://mitglied.lycos.de/gruenemeissen/elblandkliniken.html bzw. http://mitglied.lycos.de/gruenemeissen/buergerbegehren.html
Essen
- Bürgerentscheid ist in Arbeit - am 12. August 2007. Toi, toi, toi!
http://nrw.mehr-demokratie.de/essen.html
(Vorsicht - die Wwbseite ist techn. problematisch:) http://www.essen-ist-unser.de.vu/ bzw. http://www.essen-intern.de/
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