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Aktuelle Version vom 17. Dezember 2007, 12:28 Uhr
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Der Markt hat kein soziales Gewissen! - Soziale Auswirkungen der Privatisierung
Dieser Frage wird im allgemeinen von Befürwortern der Privatisierung ebenso wie deren Gegnern relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sie ist überlagert von Fragen nach Demokratieverlusten, ökologischen Folgen, wirtschaftlichen Vor- oder Nachteilen und nicht zuletzt vom Problem der Haushaltssanierung. Wenn soziale Folgen betrachtet werden, so reduzieren sich diese oftmals auf die Auswirkungen für die Belegschaften der zur Privatisierung ausgeschriebener Unternehmen. Dies sind natürlich berechtigte Ängste und zutiefst soziale Wirkungen.
Die eigentliche Komplexität sozialer Auswirkungen kann aber nicht nur auf die zuerst und unmittelbar Betroffenen begrenzt werden. Im Kern gleicht die Privatisierung öffentlicher Unternehmen einem Elternpaar, das sich aus der Verantwortung für die Grundversorgung und das Wohlbefinden seiner Kinder stiehlt - nur dass es hier durch die öffentliche Hand gegenüber seinen Bürgern geschieht.
Abschied vom Sozialstaat lautet das Motto der Privatisierer - mehr oder weniger offen. Jeder sei seines Glückes Schmied - das ist die Kehrseite. Die Logik ist simpel: Gewinnmaximierung kontra Gemeinwohlzweck!
Es liegt aber in der sozialen Verantwortung der kommunalen Politik, Voraussetzungen zu schaffen und zu sichern, dass allen Bürgern gleichberechtigter Zugang zu den kommunalen Leistungen garantiert wird. Basis dafür bildet das kommunale Eigentum an den Unternehmen der Grundversorgung. Nur so haben die Bürger direkt oder indirekt ein Mitspracherecht auf gleichberechtigte Teilhabe und sozialen Ausgleich.
Es stimmt schon nachdenklich, dass gerade in Leipzig vor 88(!) Jahren unter maßgeblicher Mitwirkung des Leipziger Stadtverordneten und Sozialdemokraten Hermann Liebmann die Kommunalisierung der Leipziger Versorgungsbetriebe erfolgte. Damals war es die verhängnisvolle Lage gerade für die Ärmsten der Armen, die mit die Überführung der Versorgungsbetriebe in städtische Verantwortung Handlungsspielräume zur Verbesserung deren Lebenssituation eröffnete.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Erfahrung und Erkenntnis heute nicht mehr gelten soll. Gerade in Leipzig - der traurigen Armuts-Hauptstadt Sachsens - ist die Kommune gefordert, unter Nutzung ihres kommunalen Eigentums allen Bürgern ein sinnvolles Leben in der Gemeinschaft zu sichern.
Über ein Viertel der Leipziger Bürger lebt unterhalb der Armutsgrenze - mit und ohne Arbeit, in Altersarmut und in Kinderarmut!! Und - es werden täglich mehr. Diesen Menschen muss eine existentielle Grundsicherung gegeben werden, damit sie zu gleichberechtigter und gleichwertiger Teilgabe am gesellschaftlichen Leben überhaupt in der Lage sind. Die Voraussetzung für diese zutiefst soziale Verantwortung der Stadt für alle ihre Bürger ist die Bewahrung der kommunalen Unternehmen.
So sichern die Gewinn erwirtschaftenden Betriebe, wie zum Beispiel die Stadtwerke, mit ihren Überschüssen den öffentlichen Nahverkehr und andere kulturelle und soziale Projekte. Private Investoren stecken diese Gewinne in ihre eigenen Taschen. Auch deshalb steht die aktuelle Forderung nach Einführung eines Sozialtickets als ganztägige Monatsfahrkarte zu max. 20 Euro für alle bedürftigen Bürger unterhalb der Armutsgrenze in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erhaltung des kommunalen Eigentums.
Hier sei auch noch der Traum von Oberbürgermeister Burkhard Jung, im Sommerinterview mit der LVZ formuliert, genannt: "... dass wir ein Musterbeispiel für einen gelungenen innerstädtischen Sozialausgleich sein werden. Es wird für alle Kommunen eine entscheidende Zukunftsaufgabe sein, soziale Schieflagen zu entschärfen." - Diese Vision bleibt ein zahnloser Papiertiger, wenn die Grundlage verscherbelt sein wird.
"Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt" ist letztlich eine Voraussetzung für das zutiefst soziale Anliegen: Sicherung eines sinnvollen menschlichen Daseins für alle Bürger!
12.09.2007
Petra Weißfuß, Sprecherin der Bürgerinitiative "Leipzig braucht ein Sozialticket"