WAK.Debatte.2009-05-26-FK

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Ich habe letztens etwas Interessantes von Thomas Kuhn gelesen ("Die Struktur der Wissenschaftlichen Revolutionen")

Ihr als alte Revolutionstheoretiker seid mir da sicher schon etwas voraus in dem Thema, aber dennoch kurz meine Gedanken dazu, auch wenn es vielleicht für euch nichts Neues sein mag.

Wenn man Kuhns Hauptprämisse weg lässt (um jeden Preis jede Art von Metaphysik abzulehnen) lässt sich seine Theorie, etwas variiert, gut verwenden.

Demnach herrschen in Wissenschaftler-Gemeinschaften bestimmte Paradigmen, die diese Gemeinschaften konstituieren. Kommen diese Paradigmen z.B. aufgrund neuer Erkenntnisse, logischer Widersprüche, etc. in eine Krise, werden - unterstützt durch einen Generationswechsel - neue Paradigmen aufgestellt. Da aber aufgrund der Vorgabe "die Sprache bestimmt das Weltbild" die neue Theorie in die alte nicht zu übersetzten ist, findet keine Evolution, sondern eine Revolution statt.

Soweit Kuhn. Ich finde aber, dass durchaus Übersetzung auch unter der Vorgabe "die Sprache bestimmt das Weltbild" möglich ist. Solange man sich auf etwas Metaphysik einlässt, dass allen Menschen etwas eigen ist, dass sie Menschen sind z.B. (vgl. Descartes). Aber richtig; Übersetzungen zweier verschiedener Sprachen bedarf etwas Drittes, Vergleichendes. In der Physik kann das die Mathematik sein, in der Wissenschaft die Ethik, etc.

Jetzt kommt etwas Luhmann ins Spiel. Geht man von verschiedenen Systemen (ich nenne sie Stränge) in der Gesellschaft aus, dann kann man während einer Revolution in einem Strang, mittels der anderen Stränge kommunizieren (die Theorie durchaus im Gegensatz zu Luhmann, der von der Abgeschlossenheit der Systeme ausging und einer ausschließlich internen Kommunikation). Diese Revolutionen in den Strängen sind Mikro-Revolutionen (vgl. HGG). Treten aber mehrere Mikro-Revolutionen gleichzeitig auf, kann es zu einer Makro-Revolution kommen, die die gesamte Gesellschaft betrifft, da nicht genügend "intakte" Stränge vorhanden sind, um eine gesamtgesellschaftliche Kommunikation stattfinden zu lassen.

Meiner Meinung nach befinden sich mehrere Stränge gegenwärtig in einem Revolutionsprozess bzw. in einer Krise. Das ist eine Wirtschaftskrise, eine Wissenschaftskrise, eine Kulturkrise, und eine Demokratiekrise. Dies müsste zwangsläufig in eine Makro-Revolution münden.

Ich finde es daher wenig sinnvoll darüber zu spekulieren, warum DIE LINKE nicht von "der Krise" profitiert, wenn sie durch die Krise aufgelöst wird, insofern es sich um die Partei handelt. Das gegenwärtige System ist durch parteiendemokratischen Parlamentarismus geprägt. Eine Krise und daraus resultierende Revolution dürfte dieses System nicht überstehen.

Auch auf die Gefahr des Eklektizismus hin; Lässt sich Hannah Arendts Erklärung für Antisemitismus (Für Antisemitismus finde ich ihn wenig geeignet, aber auf die Politikerkaste bezogen, ist er hinreichend gut. Vgl. "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft") verwenden. Demnach wird nicht gehasst, was Reichtum besitzt, sondern was Reichtum besitzt und keine dazugehörige Macht. Auf Politiker/Parteien trifft dies zu, sie profitieren materiell von dem jetzigen System, geben aber immer und überall zu verstehen, dass sie keine Macht haben, sei es aufgrund der berühmten Sachzwänge, oder weil sogenannte Experten von den Spezialgebieten ohnehin mehr Ahnung haben. Politiker entmachten sich permanent selber und werden so als parasitär wahrgenommen. Die Konsequenz wäre die Abschaffung des parteiendemokratischen Parlamentarismus.

Soweit, und danke an die die es durchgehalten haben bis hier her zu lesen.

Flori, 26.05.2009