WAK.2010-08-04

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Charity als Machttechnik

Datum: Mi, 4.8.2010 Zeit: 19.30 Uhr Ort: B 12 (Braustrasse) Referent: Florian Krahmer, Leipzig

Bericht

Die im Verlauf des Vortrags durch den Referenten vorgebrachten Thesen ergänzen (in zunächst untypische erscheinender Weise) die Debatte um sich bedingende Macht- als auch Herrschaftsformen, die allerdings einer stetigen Anpassung durch die jeweils ausübenden (Privat)Institutionen unterworfen sind. Krahmer arbeitete in seinem Vortrag ansatzweise heraus, daß Charity keineswegs eine ausschliesslich solidarisch bestimmte Leithandlung nach ethischen und moralischen Grundsätzen ist. Ihm ging es vielmehr darum zu verdeutlichen, daß Charity als Machtinstrument einer geplanten Reihenfolge einer sozial-defensiven Politikorientierung gebraucht werden kann. Dabei, so verkürzt die These, geht es im wesentlichen darum, effizient und im Sinne einer wenig widerstandsbelasteten Hierarchsierung staatstypischer arbeits- und entlohnungsökonomischer Prozesse Kontrolle im vertretbaren Umfang an loyale Vertreter ohne den gleichzeitige Verlust ideologischer Grundlinien abzugeben. Das Gegebene (Gespendete) entpuppt sich hierbei nicht als Zugabe, sondern als Überrest der Konsumgesellschaft, dessen Vernichtung (Überflußgesellschaft) mit dem Nebeneffekten der Steuerersparnis (Spender) und der wenigstens kostendeckenden Weitergabe (Vermittler) an den Empfänger verhindert wird. Zum Einen entsteht - so stellte sich im Laufe der anschließenden Diskussion heraus - dadurch sowohl ein unmittelbarer physischer Druck (zentrale Einrichtung der Vermittlungsstelle, Beschaffung aller Nachweispapiere) als auch zum Anderen ein mittelbarer psychischer Zwang auf den Empfänger (Offenlegung seiner Verhältnisse, Einordnung in ein bestimmtes Raster). Dennoch besteht weiterhin Diskussionsbedarf darüber, ob die hierin ausgeübte Macht, weil als unschädlich (spendabel) angesehen, überhaupt praktische Anwendung findet und zudem steht keine aussichtsreiche Lösung für das Dilemma bereit, trotz möglicher Erkenntnisse über ein Charity-Macht-Verhältnis den Betroffenen zu helfen. Außerdem wurde festgestellt, daß bereits bei der Aufteilung der Rechte zur Verwertung solcher Überschüsse ein Machtgebrauch zutage tritt (Gründung und Beauftragung von Trägern). Tafel e.V. allerdings legt selbst fest, ob ein Träger in einem bestimmten Gebiet den Namen "Tafel" verwenden kann und ob der dort jeweils umgesetzte Zwseck denen des Bundesverbandes von "Tafel" entspricht. Nicht ausgeschlossen werden jedoch kann, daß durch die abgetretene Verteilung von Grundnahrungsmitteln (im Sinne eines Grundrechtes) offenbar von einem Machtgebrauch gesprochen werden kann, da es sich eigentlich um ein ein Verfassungsrecht (...Menschenrecht) handelt, dessen Erfüllung keiner Beliebigkeit entspringen sollte. Da es sich um eine weitgehend neu eröffnete Untersuchungsstrecke handeln dürfte, bot die Veranstaltung einen guten Aufmacher, um Entwicklungen in diesem Bereich aufmerksamer zu verfolgen und an anderer Stelle fortgesetzt zu diskutieren.

Ingo Groepler-Roeser