HGG.2012-05-12

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Zum Wert des Wissens

Zweistündiger Workshop im Rahmen des Barcamps Urheberrecht am 12.05.2012 in Leipzig.

12.45 - 14.45 Uhr

Die Erweiterung der Marxschen Werttheorie auf eine Theorie des "Werts des Wissens" bereitet allgemein Probleme. Die vielfältigen Versuche der Verallgemeinerung eigener praktischer Erfahrungen zu Freiem Wissen und damit verbundenen Selbstenrfaltungsprozessen - exemplarisch oekonux.de und keimform.de - werden von profunden Kennern der Marxschen theoretischen Überlegungen immer wieder vehement als zu kurz greifend kritisiert. Exemplarisch dazu Robert Kurz "Der Unwert des Unwissens". Allerdings gelingt diesen Kritikern ihrerseits kein Bezug auf die offensichtlich positiven Praxis-Erfahrungen der Kritisierten. Auf dieses Feld wird der Workshop führen, dessen Umfang versucht wird, durch die folgenden Thesen vorsichtig abzustecken.

1. Marx' Abstraktion „einfache Arbeit“ greift für das Verständnis von Wissensreproduktionsprozessen zu kurz

... so steht es auch hier mit der menschlichen Arbeit. Sie ist Verausgabung einfacher Arbeitskraft, die im Durchschnitt jeder gewöhnliche Mensch, ohne besondere Entwicklung, in seinem leiblichen Organismus besitzt. (MEW 23, S. 60)

Kompliziertere Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte einfache Arbeit, so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größeren Quantum einfacher Arbeit. Daß diese Reduktion beständig vorgeht, zeigt die Erfahrung. Eine Ware mag das Produkt der kompliziertesten Arbeit sein, ihr Wert setzt sie dem Produkt einfacher Arbeit gleich und stellt daher selbst nur ein bestimmtes Quantum einfacher Arbeit dar. (Ebenda)

2. Kompetenz und Kompetenzreproduktion als sozialer Prozess

Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vornherein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vorstellung des Arbeiters, also schon ideell vorhanden war. (MEW 23, S. 193)

3. Charakteristika der Sozialisierung produktiver Arbeit

Die Sozialisierung produktiver Arbeit geschieht in der Form gesellschaftlich vermittelter Individualität - in der gesellschaftlich vermittelten Rückbezüglichkeit des "privaten Gebrauchs der Vernunft zum Handeln".

4. Charakteristika der Sozialisierung von Kompetenz

Die Sozialisierung von Kompetenz geschieht in der Form individuell vermittelter Gesellschaftlichkeit - in der individuell gebrochenen und in individueller Praxis neu aufgeladener Rückbezüglichkeit des "öffentlichen Gebrauchs der Vernunft zum Raisonnieren".

5. Macht des Geldes und Macht des Wissens

Force-Macht und Power-Macht - die subtilen semantischen Differenzen im Machtbegriff. "Haben oder Sein".

6. Urheberrecht als Abwägungsrecht

Urheberrecht hatte schon immer abzuwägen zwischen der Freizügigkeit des Zugangs zu den Wissensressourcen der Menschheit und der ökonomischen Bedingtheit von Denken, Wissen und Kompetenz.

7. Wider geistiges Eigentum als Konzept

Zur Bedeutung der gemeinschaftlichen Weiterentwicklung unserer technisch-kulturellen Umwelt in Zeiten der Krisen.

  • Das Recht auf die eigene Idee ist ein unveräußerliches Menschenrecht (frei nach Kant)

oder

  • Stehend auf den Schultern von Riesen konnte ich ein Stück weitersehen. (Newton)

8. Eigentum und Freizügigkeit

Quelle: The dotCommunist Manifesto, Eben Moglen, Januar 2003

As, in the new digital society, creators establish genuinely free forms of economic activity, the dogma of bourgeois property comes into active conflict with the dogma of bourgeois freedom. Protecting the ownership of ideas requires the suppression of free technology, which means the suppression of free speech. ... But the law of bourgeois property is not a magic amulet against the consequences of bourgeois technology: the broom of the sorcerer's apprentice will keep sweeping, and the water continues to rise. It is in the domain of technology that the defeat of ownership finally occurs, as the new modes of production and distribution burst the fetters of the outmoded law. ... Knowledge workers cannot become masters of the productive forces of society, except by abolishing their own previous mode of appropriation, and thereby also every other previous mode of appropriation. Theirs is the revolutionary dedication to freedom: to the abolition of the ownership of ideas, to the free circulation of knowledge, and the restoration of culture as the symbolic commons that all human beings share. ...

Hans-Gert Gräbe, 10.05.2012

Berichte zum Barcamp