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Cross-Border-Leasing Geschäfte - CBL in Leipzig

Tabellarische Übersicht

Jahr Unternehmen/Objekt Volumen Barwert-
vorteil
Investor Banken (*) Vermittlung
1996 LVB 180 Mio € 11 Mio €
1997 LVB 51 Mio € 3 Mio €
1997 Messe, Kongresshalle 200 Mio €
1998 Messe, Messehallen 567 Mio € 50 Mio € J. Hancock, Prudential Dexia, Debis
1998 LVB 58 Mio € 2 Mio €
1998 LVB, Straßenbahnen
(12 Trams vom Typ NGT 8)
501 Mio € First Union Hypovereinsbank Dexia, Debis
2000 KWL, Klärwerke 200 Mio $ SachsenLB
Bank of America
Merill Lynch
EastMerchant
2002 Stadt Leipzig, Städt. Klinikum 344 Mio € BNY SachsenLB Babcock&B
2002 LVB, Gleisnetz und technische Anlagen 722 Mio $ 27 Mio € First Union Wachovia
CitiGroup
Wells fargo
Deutsche Bank
GCF
2003 KWL, Trinkwassersystem 647 Mio $ 23 Mio $ Verizon
MBIA
General Electrics
NordLB
Wilmington Trust
GCF
2003 LVB, Beiwagen für Tatra-Bahnen 49 Mio € 1.4 Mio € GCF
2005 KWL, Kanalnetz 191 Mio € BayernLB Value Partners

Quellen:

  • W.Rügemer, Cross Border Leasing, S. 181-188, zusammengestellt von W.Weiler;
  • LVZ, 14.10.2008; LVZ, 12.01.2010; LVZ, 13.01.2010; LVZ, 16.04.2011

Die Liste in Rügemers Buch enthält nicht nur Cross Border Leasing-Verträge, sondern alle bekannt gewordenen fiktiven Leasings. Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, z.B. sind die meisten Verträge öffentlich rechtlicher Unternehmen in den Niederlanden nicht bekannt, dies betrifft weitestgehend auch die Verträge mit Privatunternehmen. Die WestLB spricht von "über 1000 Transaktionen weltweit". Wenn unter Investor, Banken oder Arrangeur nur ein Name steht, bedeutet dies nicht, dass es nur diesen einen Investor usw. gibt. Das Manuskript des 2004 erschienenen Buches dürfte 2003 abgeschlossen worden sein.

Die Tabelle wurde aus weiteren auf dieser Seite genannten Quellen ergänzt und aktualisiert, kann aber in keiner Weise Anspruch auf Aktualität oder Vollständigkeit erheben.

(*) In dieser Spalte sind Namen von Banken genannt, die während der Laufzeit des CBL mit der Sache zu tun hatten. Es handelt sich dabei nicht nur um die Banken, die den Deal eingefädelt haben.

GCF = Global Capital Finance wurde später in Value Partners umbenannt und gehört den beiden Finanzspekulateuren Berthold Senf und Jürgen Blatz.

Weitere Details

Im Aufsatz "Für dumm verkauft" - http://www.zeit.de/2009/12/DOS-Cross-Border-Leasing - wird ausführlich auch über die Leipziger Verhältnisse und die Rolle des damaligen Kämmerers Peter Kaminski (CDU) berichtet. Zitat aus den Beitrag (weitere Details siehe dort)

Damals, sagt Kaminski heute, habe er gleich erkannt, dass dies ein Handel sei, von dem beide Seiten nur profitieren könnten. In den USA galt Cross Border Leasing als förderungswürdige Auslandsinvestition, der Geldgeber erhielt deshalb einen Steuervorteil. Davon gab er der Stadt einen Teil ab. »Barwertvorteil« haben die Erfinder des CBL diese Zahlung getauft – ein Begriff, der nach Expertise klingt, den es aber in Wahrheit im Finanzwesen gar nicht gibt. Beide Seiten bereicherten sich auf Kosten eines anonymen Dritten – des amerikanischen Steuerzahlers. Am Ende stimmten alle Fraktionen, außer der PDS, dem Deal zu; Leipzig verkaufte Straßenbahnen an die amerikanische Bank First Union und leaste sie umgehend zurück. Es war eines der ersten CBL-Geschäfte in Deutschland, und Kaminski sieht sich selbst im Rückblick als einen Wegbereiter, als kreativen Kopf, dem es gelungen ist, auf unkonventionelle Weise den Haushalt seiner Stadt zu entlasten. »Wir sind die Erfinder des CBL!«, ruft er. Fragen nach Details kommen ihm da jetzt eher kleinlich vor, etwa die, ob die Stadträte wussten, worüber sie abstimmten. Oder wie die Risiken dieser Verträge verteilt sind. ...
Nach und nach sind die Fesseln, die in den umfangreichen Verträgen versteckt sind, an die Öffentlichkeit gedrungen. Zum Beispiel, dass Amerika von nun an über deutsche Infrastruktur bestimmt. Die Trinkwasserversorgung in Leipzig etwa darf nicht verkleinert werden, sollte die Bevölkerung schrumpfen, sonst würde sie an Wert verlieren. Den Schaden hätten auch in diesem Fall die Bürger, sie müssten höhere Gebühren zahlen als notwendig, um die überflüssigen Kapazitäten weiter aufrechtzuerhalten. ...
Auf eine Anfrage der Fraktion der Linken in Leipzig, was die Stadt über "möglicherweise noch zu erwartende Auswirkungen auf die

CBL-Verträge" wisse, antwortete die Kämmerin Bettina Kudla: Die Auswirkungen könnten "derzeit noch nicht abgeschätzt werden". Das Risiko verteile sich "auf ungefähr 20 verschiedene Finanzinstitute". "Nähere Angaben, insbesondere die namentliche Nennung der an den CBL-Verträgen beteiligten Banken", seien nicht gestattet. Einen Interviewtermin kann Kämmerin Kudla erst in vier Wochen anbieten.

Schlimmer ist noch, dass Kommunalpolitiker das Recht gebrochen haben: Sie haben über Verträge abgestimmt, die nicht auf Deutsch vorlagen, ein Verstoß gegen die Gemeindeordnungen. Sie haben kreditähnliche Rechtsgeschäfte abgeschlossen. Das ist ihnen verboten. Sie haben ihre Vorschriften missachtet und den Gerichtsstand New York akzeptiert.

Am 04.06.2009 berichtet die LVZ ganzseitig über Details der Leipziger CBL-Geschäfte und befragt den Wirtschaftsanwalt Julian Roberts zu den Risiken. Aus den Antworten von Roberts:

  • CBL-Geschäfte sind keine herkömmlichen Leasinggeschäfte, sondern Absicherungen von Kreditrisiken, die wie Wetten funktionieren. Das ist nicht leicht zu durchschauen.
  • Abgesichert wurden Finanzrisiken, die zum damaligen Zeitpunkt in der Öffentlichkeit als gering bis sehr unwahrscheinlich eingestuft wurden. Aber Versicherungen wie AIG waren schon vor zehn Jahren in strukturierte Finanzprodukte involviert, von denen Insider wussten, dass die eines Tages den Bach runter gehen könnten, so wie es derzeit geschieht.
  • Die Vermieterrechte an den Leasingobjekten liegen mittlerweile alle bei deutschen Banken, zumeist Landesbanken.
  • Forderungen nach zusätzlichen Sicherheiten (Nachschusspflicht der Kommunen bei sinkender Bonität der sichernden Banken): Im Fall Wuppertal, das seine Abfallverwertungsgesellschaft für einen Kauferlös von 423 Mill. Euro veräußert hat und dafür einen Barwertvorteil von 28 Mill. Euro erhielt, müsste die Stadt im schlechtesten Fall mehrere 100 Mill. Euro zahlen, was den fiktiven Kaufpreis deutlich übersteigt.
  • Das Geld liegt strukturiert auf der Bank, um Verbindlichkeiten der Kommune gegenüber den Investoren zu bedienen. Ist dieses Geld weg, so bestehen die Verbindlichkeiten noch immer. Die Verträge sagen auch aus, dass die Banken, die die Zahlungen durchführen sollen, von den Kommunen besichert werden müssen. Also müssen die Kommunen zusätzliche Sicherheiten bestellen oder die Anlagen zum vollen Preis, der ihnen von den Banken nie gezahlt worden ist, bei Vertragsende wieder zurückkaufen.
  • Es ist bedenklich, dass sich Leipzigs kommunale Firmen von denselben Beratern helfen lassen, die die Verträge auch geschlossen haben. Die Einschaltung einer unabhängigen kompetenten Kanzlei wäre der erste Schritt aus der Misere.

Über die konkreten Leasinggeschäfte wird in einem weiteren Aufsatz ebenda (gezeichnet r.) Folgendes berichtet:

  • Gescheitert ist der Versuch der Stadt, öffentliche Gebäude (altes und neues Rathaus, Stadthaus, Oper, Gewandhaus, Schauspielhaus) zu verleasen.
  • St. Georg einschließlich Außenstelle Eitingonstraße, Robert-Koch-Klinik und Stadtkrankenhaus: Marktwert 344 Mill. Euro. Der Investor hat die Gebäude samt Grund und Boden, nicht aber die technischen Anlagen, auf 99 Jahre gemietet und vermietet beides auf zunächst 35 Jahre zurück. Danach hat das Klinikum eine Option, den Vertrag zu beenden.
  • Leipziger Messe: Barwertvorteil beträgt über 50 Mill. Euro, woraus Restkosten für den Bau der neuen Messe beglichen wurden. 1997 wurde das Kongresszentrum für 200 Mill. Euro verleast, 1998 Messehallen für 567 Mill. Euro Marktwert.

Leipzig ist neben Düsseldorf die Stadt in Deutschland, die die meisten CBL-Geschäfte abgeschlossen hat. Die Verträge bei Messe und Klinikum gelten als praktisch sicher, weil Leipzig dort nicht für Ausfälle bei den haftenden Banken bürgt. Anders sieht es bei dem Deal der KWL aus dem Jahre 2003 aus. Die Stadt müsste hier zum Beispiel die Differenz zahlen, wenn eine Anleihe beim US-Versicherer MBIA im Jahr 2033 nicht 250 Mio $ einspielt. (Quelle: LVZ, 16.04.2011)

LVB-Gleisnetz

  • Die LVB haben 2002 ihr gesamtes Gleisnetz an die US-Großbank Wachovia verleast, die gerade durch die CitiGroup übernommen wurde. (Quelle: LVZ, 01.10.2008) Bei den Geschäften der Stadt im Dezember 2002 sollen technische Anlagen im Wert von einer Mrd. Euro an die US-Großbank Wachovia verleast worden sein, das zweitgrößte CBL-Geschäft, das je mit deutscher Beteiligung zustande kam. Der Barwertvorteil betrug 27 Mill. Euro. (Quelle: LVZ, 04.06.2009)
  • Das CBL-Geschäft der LVB, in dem das Schienennetz u.a. für 722 Mio $ verleast wurde, steht kurz vor der Rückabwicklung. Die Kosten der Vertragsauflösung, die sich zu einem guten Teil aus ersparten Beratungskosten für die nächsten 20 Jahre finanzieren lassen, sind etwa 5 Mio Euro, wovon - entsprechend der Aufteilung des Barwertvorteils von gut 27 Mio Euro - die Stadt 10 % und die LVB 90 % zu schultern haben. Die Rückabwicklung geht auf einen Auftrag von OBM Jung an die LVV aus dem Jahr 2009 zurück. Die Verhandlungen werden von der Deutschen Bank geführt. (Quelle: LVZ, 16.04.2011)

Deals der KWL

Die LVZ, 08.03.2010, berichtet über die KWL-Deals

  • Klärwerke im Juni 2000 mit der Bank of America, Volumen 200 Mill. Euro, 10 Mill. Euro Barwertvorteil. Rückkauf ist für 2025 vorgesehen durch dafür erworbene Anleihen der Bank Merrill Lynch.
  • Trinkwassernetz im März 2003 mit dem US-Konzern Verizon, Volumen 650 Mill. Euro, Barwertvorteil 15.4 Mill. Euro. Rückkauf soll 2033 durch zwei Anleihen bei den US-Konzernen MBIA und General Electrics erfolgen. Das Rating der MBIA-Anleihen fiel von AAA im Jahr 2006 auf BB+ Anfang 2006.
  • Im Juni 2006 wurde ein CDO-Vertrag mit UBS geschlossen, in dem die KWL für Einlagen in Höhe von 135 Mill. Euro bürgt. Im September 2006 folgt ein Deal mit der Londoner Tochter der LBBW über Risiken in Höhe von 76 Mill. Euro. Im März 2007 schließlich wurden zwei CDO-Verträge mit der HRE-Tochter Depfa über eine Risikosumme von 81 Mill. Euro geschlossen. Die Verträge mit der LBBW sowie der Depfa dienten der Bezahlung von CDS-Versicherungen auf das CBL-Geschäft.
    • Die KWL erhielt dafür 36 Mill. Euro Provision, die aber nie bei der KWL ankamen. 10 Mill. Euro wurden in Versicherungen für die alten CBL-Depots bis 2014 oder 2017 gesteckt, weiteres Geld floss in die Vorfälligkeitsentschädigung bei der Auflösung des UK-Leasing sowie ein Pufferkonto für weitere CDO-Ausfälle. (Quelle: LVZ, 23.07.2010)
  • Die Prüfer gehen von Totalverlusten bei drei der CDO-Verträge aus. Allein der LBBW-CDO wird etwas besser eingeschätzt.
  • Der Vertrag mit der UBS war gekoppelt an ein englisches Leasing-Geschäft, wo im Mai 2005 das Leipziger Kanalnetz im Wert von 191 Mill. Euro nach GB verleast wurde, um so ein EU-Förderprogramm zur Verbesserung des englischen Abwassernetzes anzuzapfen. Das Geschäft wurde 2008 vorfristig aufgelöst unter Zahlung von fast 6 Mill. Euro Vorfälligkeitsentschädigung an die Londoner Niederlassung der BayernLB. Dafür wurde Geld aus einer Prämie über 40 Mill. Euro genommen, die GF Heininger für den Abschluss der spekulativen CDO-Deals erhalten hatte. Von der Prämie erhielt die KWL jedoch nur 6.4 Mill. Euro, 7.8 Mill. Euro flossen in die CDS-Geschäfte, etwa 25 Mill. Euro an die Vermittler von Value Partners.
    • 900.000 Euro erhielt Heininger davon zur "Altersvorsorge". Der Verbleib von 3.5 Mill. Euro Provision ist ungeklärt. (Quelle: LVZ, 23.07.2010)
  • Neben der UBS gab es ein Konto beim US-Finanzkonzern Wilmington Trust, der schon die Frischwasser-CBL im Jehr 2003 abgewickelt hatte.