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Der Markt hat kein soziales Gewissen! - Soziale Auswirkungen der Privatisierung.
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==Der Markt hat kein soziales Gewissen! - Soziale Auswirkungen der Privatisierung==


Dieser Frage wird im allgemeinen von Befürwortern der Privatisierung ebenso
Dieser Frage wird im allgemeinen von Befürwortern der Privatisierung ebenso
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Abschied vom Sozialstaat lautet das Motto der Privatisierer - mehr oder
Abschied vom Sozialstaat lautet das Motto der Privatisierer - mehr oder
weniger offen. Jeder sei seines Glückes Schmied - ist die Kehrseite. Die Logik
weniger offen. Jeder sei seines Glückes Schmied - das ist die Kehrseite. Die Logik
ist simpel: Gewinnmaximierung kontra Gemeinwohlzweck!
ist simpel: Gewinnmaximierung kontra Gemeinwohlzweck!


Es lohnt auch, einen historischen Rückblick mit der Frage "Warum sind
Es liegt aber in der sozialen Verantwortung der kommunalen Politik, Voraussetzungen zu schaffen und zu sichern, dass allen Bürgern
überhaupt öffentliche/kommunale Unternehmen geschaffen wurden?" zu wagen.
Dafür gab und gibt es mehrere Umstände: Zum einen gibt es immer Güter und
Leistungen, die nicht Gewinn abwerfend, aber unverzichtbar für ein sinnvolles
menschliches Dasein bereit gestellt werden müssen. Andererseits hat spätestens
seit Bismarck Staat und Wirtschaft den Vorteil sozialer Sicherungssysteme zu
schätzen gewusst.
 
Es liegt also in der sozialen Verantwortung der kommunalen Politik, alle
Voraussetzungen zu schaffen und zu sichern, dass allen Bürgern
gleichberechtigter Zugang zu den kommunalen Leistungen garantiert wird. Basis
gleichberechtigter Zugang zu den kommunalen Leistungen garantiert wird. Basis
dafür bildet das kommunale Eigentum an den Unternehmen der Grundversorgung.
dafür bildet das kommunale Eigentum an den Unternehmen der Grundversorgung.
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gleichberechtigte Teilhabe und sozialen Ausgleich.
gleichberechtigte Teilhabe und sozialen Ausgleich.


Es stimmt schon nachdenklich, dass gerade in Leipzig vor 88! Jahren unter
Es stimmt schon nachdenklich, dass gerade in Leipzig vor 88(!) Jahren unter
maßgeblicher Mitwirkung des Leipziger Stadtverordneten und Sozialdemokraten
maßgeblicher Mitwirkung des Leipziger Stadtverordneten und Sozialdemokraten
Hermann Liebmann die Kommunalisierung der Leipziger Versorgungsbetriebe  
Hermann Liebmann die Kommunalisierung der Leipziger Versorgungsbetriebe  
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Armen, die mit die Überführung der Versorgungsbetriebe in städtische
Armen, die mit die Überführung der Versorgungsbetriebe in städtische
Verantwortung Handlungsspielräume zur Verbesserung deren Lebenssituation
Verantwortung Handlungsspielräume zur Verbesserung deren Lebenssituation
eröffnete. Übrigens wurde zugleich mit der Einführung einer ermäßigten
eröffnete.
Wochenkarte für Arbeiter dem Zusammenhang von bezahlbarer Straßenbahnnutzung
und Kommunalisierung Rechnung getragen.


Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Erfahrung und Erkenntnis heute nicht
Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Erfahrung und Erkenntnis heute nicht
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Bürgern ein sinnvolles Leben in der Gemeinschaft zu sichern.
Bürgern ein sinnvolles Leben in der Gemeinschaft zu sichern.


Nicht hinzunehmen ist die Position der Finanzbürgermeisterin Kudla, wonach die
Über ein Viertel der Leipziger Bürger lebt unterhalb der Armutsgrenze - mit und ohne Arbeit, in Altersarmut und in Kinderarmut!!  
Sozialausgaben "in erster Linie wenigen zu Gute" kommen. Über ein Viertel der
Und - es werden täglich mehr. Diesen Menschen muss eine
Leipziger Bürger lebt unterhalb der Armutsgrenze - mit und ohne Arbeit!! Und -
mit in der Tendenz steigenden Armutslöhnen werden es täglich mehr. Für diese
Menschen gilt es nicht "etwas Gutes" zu tun, diesen Menschen muss eine
existentielle Grundsicherung gegeben werden, damit sie zu gleichberechtigter
existentielle Grundsicherung gegeben werden, damit sie zu gleichberechtigter
und gleichwertiger Teilgabe am gesellschaftlichen Leben befähigt werden. Die
und gleichwertiger Teilgabe am gesellschaftlichen Leben überhaupt in der Lage sind. Die
Voraussetzung für diese zutiefst soziale Verantwortung der Stadt für alle
Voraussetzung für diese zutiefst soziale Verantwortung der Stadt für '''alle'''
ihrer Bürger ist die Bewahrung der kommunalen Unternehmen. So sichern die
ihre Bürger ist die Bewahrung der kommunalen Unternehmen.  
Gewinn erwirtschaftenden Betriebe, wie zum Beispiel die Stadtwerke, mit ihren
 
So sichern die Gewinn erwirtschaftenden Betriebe, wie zum Beispiel die Stadtwerke, mit ihren
Überschüssen den öffentlichen Nahverkehr und andere kulturelle und soziale
Überschüssen den öffentlichen Nahverkehr und andere kulturelle und soziale
Projekte. Private Investoren stecken diese Gewinne in ihre eigenen Taschen.
Projekte. Private Investoren stecken diese Gewinne in ihre eigenen Taschen.
Auch deshalb steht die aktuelle Forderung nach Einführung eines Sozialtickets
Auch deshalb steht die aktuelle Forderung nach Einführung eines Sozialtickets
als ganztägige Monatsfahrkarte zu max. 20? für alle bedürftigen Bürger
als ganztägige Monatsfahrkarte zu max. 20 Euro für alle bedürftigen Bürger
unterhalb der Armutsgrenze in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erhaltung des
unterhalb der Armutsgrenze in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erhaltung des
kommunalen Eigentums.
kommunalen Eigentums.


Hier sei auch noch der Traum von Oberbürgermeister Burkhard Jung, im
Hier sei auch noch der Traum von Oberbürgermeister Burkhard Jung, im
Sommerinterview mit der LVZ formuliert, genannt: ".. dass wir ein
Sommerinterview mit der LVZ formuliert, genannt: "... dass wir ein
Musterbeispiel für einen gelungenen innerstädtischen Sozialausgleich sein
Musterbeispiel für einen gelungenen innerstädtischen Sozialausgleich sein
werden. Es wird für alle Kommunen eine entscheidende Zukunftsaufgabe sein,
werden. Es wird für alle Kommunen eine entscheidende Zukunftsaufgabe sein,
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12.09.2007
12.09.2007


Petra Weißfuß, Sprecherin der Bürgerinitiative "Leipzig braucht ein
Petra Weißfuß, Sprecherin der Bürgerinitiative "Leipzig braucht ein Sozialticket"
Sozialticket"

Aktuelle Version vom 17. Dezember 2007, 12:28 Uhr

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Der Markt hat kein soziales Gewissen! - Soziale Auswirkungen der Privatisierung

Dieser Frage wird im allgemeinen von Befürwortern der Privatisierung ebenso wie deren Gegnern relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Sie ist überlagert von Fragen nach Demokratieverlusten, ökologischen Folgen, wirtschaftlichen Vor- oder Nachteilen und nicht zuletzt vom Problem der Haushaltssanierung. Wenn soziale Folgen betrachtet werden, so reduzieren sich diese oftmals auf die Auswirkungen für die Belegschaften der zur Privatisierung ausgeschriebener Unternehmen. Dies sind natürlich berechtigte Ängste und zutiefst soziale Wirkungen.

Die eigentliche Komplexität sozialer Auswirkungen kann aber nicht nur auf die zuerst und unmittelbar Betroffenen begrenzt werden. Im Kern gleicht die Privatisierung öffentlicher Unternehmen einem Elternpaar, das sich aus der Verantwortung für die Grundversorgung und das Wohlbefinden seiner Kinder stiehlt - nur dass es hier durch die öffentliche Hand gegenüber seinen Bürgern geschieht.

Abschied vom Sozialstaat lautet das Motto der Privatisierer - mehr oder weniger offen. Jeder sei seines Glückes Schmied - das ist die Kehrseite. Die Logik ist simpel: Gewinnmaximierung kontra Gemeinwohlzweck!

Es liegt aber in der sozialen Verantwortung der kommunalen Politik, Voraussetzungen zu schaffen und zu sichern, dass allen Bürgern gleichberechtigter Zugang zu den kommunalen Leistungen garantiert wird. Basis dafür bildet das kommunale Eigentum an den Unternehmen der Grundversorgung. Nur so haben die Bürger direkt oder indirekt ein Mitspracherecht auf gleichberechtigte Teilhabe und sozialen Ausgleich.

Es stimmt schon nachdenklich, dass gerade in Leipzig vor 88(!) Jahren unter maßgeblicher Mitwirkung des Leipziger Stadtverordneten und Sozialdemokraten Hermann Liebmann die Kommunalisierung der Leipziger Versorgungsbetriebe erfolgte. Damals war es die verhängnisvolle Lage gerade für die Ärmsten der Armen, die mit die Überführung der Versorgungsbetriebe in städtische Verantwortung Handlungsspielräume zur Verbesserung deren Lebenssituation eröffnete.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Erfahrung und Erkenntnis heute nicht mehr gelten soll. Gerade in Leipzig - der traurigen Armuts-Hauptstadt Sachsens - ist die Kommune gefordert, unter Nutzung ihres kommunalen Eigentums allen Bürgern ein sinnvolles Leben in der Gemeinschaft zu sichern.

Über ein Viertel der Leipziger Bürger lebt unterhalb der Armutsgrenze - mit und ohne Arbeit, in Altersarmut und in Kinderarmut!! Und - es werden täglich mehr. Diesen Menschen muss eine existentielle Grundsicherung gegeben werden, damit sie zu gleichberechtigter und gleichwertiger Teilgabe am gesellschaftlichen Leben überhaupt in der Lage sind. Die Voraussetzung für diese zutiefst soziale Verantwortung der Stadt für alle ihre Bürger ist die Bewahrung der kommunalen Unternehmen.

So sichern die Gewinn erwirtschaftenden Betriebe, wie zum Beispiel die Stadtwerke, mit ihren Überschüssen den öffentlichen Nahverkehr und andere kulturelle und soziale Projekte. Private Investoren stecken diese Gewinne in ihre eigenen Taschen. Auch deshalb steht die aktuelle Forderung nach Einführung eines Sozialtickets als ganztägige Monatsfahrkarte zu max. 20 Euro für alle bedürftigen Bürger unterhalb der Armutsgrenze in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erhaltung des kommunalen Eigentums.

Hier sei auch noch der Traum von Oberbürgermeister Burkhard Jung, im Sommerinterview mit der LVZ formuliert, genannt: "... dass wir ein Musterbeispiel für einen gelungenen innerstädtischen Sozialausgleich sein werden. Es wird für alle Kommunen eine entscheidende Zukunftsaufgabe sein, soziale Schieflagen zu entschärfen." - Diese Vision bleibt ein zahnloser Papiertiger, wenn die Grundlage verscherbelt sein wird.

"Stoppt den Ausverkauf unserer Stadt" ist letztlich eine Voraussetzung für das zutiefst soziale Anliegen: Sicherung eines sinnvollen menschlichen Daseins für alle Bürger!

12.09.2007

Petra Weißfuß, Sprecherin der Bürgerinitiative "Leipzig braucht ein Sozialticket"