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Cross-Border-Leasing Geschäfte - Wie geht so was?

Werner Rügemer erklärte am 31.10.2007 das Funktionieren von Cross Border Leasing grob wie folgt: Ein amerikanischer Investor mit überschüssigem Geld kauft Anlagevermögen einer deutschen Kommune und verleiht (least) dieses im gleichen Moment an die Kommune zurück, die sich im Gegenzug verpflichtet, alle Maßnahmen zu Betrieb und Erhaltung zu unternehmen. Der Vertrag enthält eine Ausstiegsklausel nach 30 Jahren für die Kommune.

Für die Kommune ändert sich damit erst einmal nichts, denn sie hat dieselben Betriebsausgaben wie vorher und auch vom Kaufpreis selbst sieht sie wegen der Ausstiegsklausel zunächst nichts.

Der Kaufpreis fließt an im Normalfall drei Banken, die das Geld 30 Jahre treuhänderisch verwalten. So lange ist der Verkauf "schwebend unwirksam", d.h. vereinbart, aber nicht vollzogen. Zwei der Banken sind Gläubigerbanken, die dritte die Depotbank. Auf der Depotbank wird ein Teil der Kaufsumme hinterlegt, der zusammen mit den über 30 Jahre anfallenden Zinsen den vereinbarten Rückkaufpreis ergibt. Auf den anderen beiden Banken wird der Rest des Kaufpreises hinterlegt. Allein ein Teil der steuerlichen Ersparnis der amerikanischen "Heuschrecke" (die in diesem Fall allerdings das Geld des amerikanischen und nicht des deutschen Steuerzahlers "frisst") landet in der Kasse der Kommune.

Das Geld gehört also der Kommune; dafür ist sie ihr Anlagevermögen los. Sie muss das Geld aber zurückzahlen, wenn sie die Ausstiegsklausel zieht. Damit dieses Geld dann auch noch da ist, bekommt es die Kommune bis dahin nicht ausgezahlt, sondern es wird auf Konten der drei Banken verteilt. Die Gläubigerbanken sorgen dafür, dass das Geld nach 30 Jahren noch da ist und begleichen von den Konten zugleich die Zahlung der Leasingraten in Höhe der vereinbarten Zinsen - die Kommune hat also nichts zu zahlen, das Geld erscheint in keiner Bilanz und der amerikanische Investor bekommt 30 Jahre lang Zinsen auf sein Geld. Kurz - die Kommune hat faktisch einen weiteren langfristigen Kredit aufgenommen.

Zieht die Kommune nach 30 Jahren die Ausstiegsoption, so wird der Eigentumsübertrag rückabgewickelt, das auf allen Konten vorhandene Geld fließt an den amerikanischen Investor zurück und die Kommune ist wieder Herr über ihr Anlagevermögen.

Zieht die Kommune die Ausstiegsoption nicht, so wird der Verkauf rechtswirksam und die Kommune bekommt das auf der Depotbank angesammelte Geld. Das Geld auf den Gläubigerbanken bleibt weiter dort liegen, denn die Kommune hat ja Leasingverpflichtungen für weitere 70 Jahre zu erfüllen, die damit abgesichert sind. Noch immer fließt kein Geld direkt aus der Kasse der Kommune nach Amerika, sondern allein die Zinsen vom kommunalen Geld auf den Konten der Gläubigerbanken. Nach weiteren 70 Jahren schließlich läuft die Vertragsbindung aus und es wird neu verhandelt, zu welchen Konditionen der amerikanische Investor mit seinem Eigentum für kommunale Aufgaben weiter präsent ist und wie die Kommune das Geld auf den Konten der Gläubigerbanken weiter verwendet.

Mit der Änderung der amerikanischen Steuergesetzgebung sind solche Steuersparmodelle nicht mehr möglich, allerdings hat dies keine unmittelbare Auswirkung auf Altverträge. Das Steuersparmodell entspricht jedoch dem eines Verlustvortrags im deutschen Steuerrecht. Wie dort auch legen die Steuerbehörden strenge Maßstäbe an die Prüfung, ob eine "nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht" verfolgt wird. Diese Prüfungen sind deutlich penibler geworden. Da sie sich über die ganze Vertragslaufzeit hinziehen, wirkt sich dies auch auf die Handlungsfähigkeit des "Leasingnehmers" - also der Kommune - aus, so dass ein amerikanischer Steuerbeamter entscheidet, ob in Leipzig eine alte Tatrabahn verschrottet werden darf oder weiter zu fahren hat.