APRIL.Quester-06

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Stadtwerke und die Zukunft der Stadt Leipzig

Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum geplanten Anteilsverkauf an den Stadtwerken Leipzig, September 2006.

Initiator: Stadtrat Roland Quester

Quelle: http://www.gruene-fraktion-leipzig.de/index.php?id=339

Zur Bedeutung der Unternehmen der LVV für die Stadt und die Region Leipzig

Die derzeitigen Überlegungen zum Teilverkauf der Stadtwerke Leipzig müssen zwingend deren Bedeutung innerhalb der Leipziger Verkehrs- und Versorgungsgesellschaft (LVV) und die der LVV insgesamt für die Stadt Leipzig berücksichtigen. In zusammengefasster Form ist diese in der Drucksache IV/1063 "Fortentwicklung der LVV-Gruppe - Informationsmaterial für die Diskussion in der Arbeitsgruppe Städtische Beteiligungsunternehmen des Verwaltungsausschusses (Sitzung am 31.8.2005)" dargestellt:

"Dabei ist zu beachten, dass die öffentlichen Unternehmen nicht allein anhand ihres wirtschaftlichen Erfolges bewertet werden. Neben den quantifizierbaren Finanzzielen ... ist die Erfüllung der qualifizierten Sachziele (Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit, Qualitätsverbesserung) unter dem Blickwinkel des öffentlichen Interesses (z. B. Infrastrukturangebot) und der politischen Vorgaben (z. B. Umweltverträglichkeit, Wirtschaftsförderung etc.) gesondert zu beurteilen." S. 37

Zur Bedeutung der LVV und der Töchter für die öffentliche Daseinsvorsorge und die Region wird dann ausgeführt:

  • sichere, kommunal steuerbare Erfüllung des Versorgungsauftrags
  • Arbeitsplatzsicherung (4.565 Mitarbeiter bei KWL, SWL, LVB in 2003)
  • Ausbildung (führende Ausbildungsbetriebe in der Region; 248 Ausbildungsplätze bei KWL, SWL, LVB in 2004; außerdem Fremdausbildung bei SWL)
  • Vergabe von Aufträgen in die Region (seit 1997 rund 1,4 Mrd. Euro = Wertschöpfung, Ar­beitsplätze und Kaufkraft)
  • Investitionen in die Infrastruktur (1 Mrd. Euro 1997-2004; führte zu einer umfassenden und nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Infrastruktur; erhebliche Verbesserung der Wasser-, Luft- und Gewässerqualität)
  • Wirtschaftsförderung (Initiierung neuer Unternehmen wie EEX AG, KOM-Strom AG mit Sitz in Leipzig; Ausgründung von Tochterunternehmen, die private Partner beteiligen und zusätzliche Aufträge in die Region akquirieren.)

Der LVV-Konzern agiert damit sehr erfolgreich für die Stadt und ihre Bürger:
"Seit der Gründung 1996 gelang es der Konzerngeschäftsführung, die Ertragskraft fast aller wichtigen Unternehmen und Beteiligungen der Gruppe derart zu verbessern, dass diese 2004 überwiegend positive Ergebnisse der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ausweisen können. ... Hervorzuheben sind die mit den Effizienzverbesserungen verbundenen Ergebnisanstiege bei den SWL und den KWL...
Die erfolgreiche Entwicklung wird aber nicht nur von den Effizienzverbesserungen der großen und eigenständig am Markt operierenden Unternehmen SWL, KWL und LVB GmbH getragen. Aufgrund des stärkeren Wettbewerbsdrucks im liberalisierten Energiemarkt sowie des sich ent­wickelnden Wettbewerbs im ÖPNV und im Wasser-/ Abwasserbereich setzen die im Konzern­verbund integrierten Unternehmen ... verstärkt auf Kooperationen. In wichtigen Teilbereichen wie bei der Telekommunikations-, Abrechnungs-, Mobilitäts- und EDV-Dienstleistungen sowie im Consulting und Energiehandel entstanden aus diesen Aktivitäten gemeinsame Unternehmen ... Zur Erhöhung der Kostentransparenz und zur weiteren Rationalisierung bei den LVV-Unternehmen wurden außerdem einige Geschäftsbereiche in eigene Ausgründungen ... ausgelagert. Die Kapitalrendite der Gemeinschaftsgründungen und Ausgründungen ist dabei ausgezeichnet ...
Durch Kooperationen mit anderen kommunalen und privaten Partnern konnte zur Erschließung neuer Geschäftsfelder und zu Ausbau des Umland- und Auslandsgeschäftes die Wettbewerbsfähigkeit auf den teilweise liberalisierten Märkten gesichert werden...
Der Verbund innerhalb der LVV bringt zudem Steuervorteile für die Stadt Leipzig, die von ei­nem fremden dritten Unternehmen nicht zu generieren sind. Während noch vor einigen Jahren die Zahlungen im Rahmen des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages überwiegend aus dem Haushalt der Stadt erfolgten, war dies im Jahr 2003 ... erstmals nicht erforderlich. Dazu trugen infolge des steuerlichen Querverbundes im Jahr 2003 eingesparten Ertragssteuern von ca. 26,1 Mio. Euro bei. Damit wird die Stadt von den Zahlungen für den öffentlichen Nahverkehr freige­stellt..."

Die hohe finanzwirtschaftliche Bedeutung für den Haushalt der Stadt Leipzig, wird u. a. im LVV Geschäftsbericht für 2005 deutlich:
"Wenn die wirtschaftlichen Ziele erreicht werden, wird die LVV auch im Geschäftsjahr 2006 in der Lage sein, die Zahlungen gemäß § 2 VLFV - saldiert mit dem Zinsaufwand für das Gesellschafterdarlehen - sowie eine Tilgung auf das Gesellschafterdarlehen aus Gewinnabführungen und Beteiligungserträgen zu leisten." S. 33

Zum Anlass für eine Prüfung der Veräußerung von Anteilen an den Stadtwerken Leipzig

Als Anlass zur Prüfung einer Veräußerung von kommunalen Unternehmen(santeilen) werden in der durch den Oberbürgermeister dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegten Drucksache Nr. IV/1897 "Umsetzung des mittelfristigen Haushaltssicherungskonzeptes 2006-2009. Detailanalyse und Handlungsempfehlungen zum Umgang mit ausgewählten Beteiligungen unter besonderer Berücksichtigung des RBIII-1367/03 vom 9.7.2003" drei Aspekte genannt:

a) "Die in der Ratsversammlung vom 17.11.2005 erteilte Auflage, bis zum 30.06.2006 einen Vorschlag zur Veräußerung von Geschäftsanteilen der Stadtwerke Leipzig GmbH vorzulegen (Beschluss Nr.: IV-434/05)"

b) "Das in der Sitzung des Stadtrates am 21.12.2005 verabschiedete mittelfristige Haushaltssicherungskonzept für die Jahre 2006 - 2009. Als ein Eckpunkt der mittelfristigen Entschuldungskonzeption der Stadt ist die Überprüfung des städtischen Beteiligungsportfolios hinsichtlich dessen möglichen Beitrags zur Deckung von Fehlbeträgen beschlossen worden. (Beschluss Nr.: VI-500/05, Ziffer 4e)"

c) eine Risikobetrachtung als drittes unabhängiges Kriterium: "Neben dem haushalterischen Motiv ist für die Stadt Leipzig eine Unternehmensveräußerung auch unter dem Gesichtspunkt der Risikominimierung zu betrachten. Das heißt, auch wenn durch einen Anteilsverkauf kein unmittelbarer Haushaltserlös erzielt wird, jedoch zukünftige Belastungen für den Haushalt abgewendet werden können, ist die Prüfung einer Veräußerung zu befürworten." S. 20 f.

Alle drei Anlässe sind korrekterweise Ausgangspunkt für die Prüfung, ob und wenn ja wie und unter welchen Bedingungen die Privatisierung von kommunalen Unternehmen(santeilen) die bestmögliche Option zur Zielerreichung darstellt. Keiner dieser Prüfungsanlässe stellt jedoch einen nur noch zu vollziehenden Privatisierungsauftrag dar, da dies weder Intention der Beschlüsse unter a) und b) war, noch diese die dazu nötige Substanz bieten. Der unter a) genannte Beschluss steht u. a. unter dem Vorbehalt, dass eine Anteilsveräußerung geeignet und notwendig für die strategische Entwicklung der Stadtwerke und nicht von Nachteil für die Stadt Leipzig ist. Alle im unter b) genannten Beschluss enthaltenen potentiellen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung stehen unter dem Vorbehalt ihrer konkreten Untersetzung, Realisierbarkeit und Sinnhaftigkeit. Dass es bei der konkreten Untersetzung dazu Abweichungen geben kann, hat sich dementsprechend auch bereits in verschiedenen Korrekturen, die die Verwaltung dem Stadtrat vorgelegt hat, niedergeschlagen.

Es ist somit Auftrag der Verwaltung, eine Privatisierung der SWL mit all ihren Auswirkungen zu prüfen und das Prüfungsergebnis zum weiteren Beschluss vorzulegen. Eingebunden ist diese Prüfung jedoch auch in die Tätigkeit der Arbeitsgruppe "Städtische Beteiligungen / Strategische Ausrichtung der LVV-Gruppe" des Stadtrates. Diese hat bisher allerdings noch nicht einmal die sogenannten "eigentümergeprägten Oberziele" für die LVV bearbeitet und erst recht nicht die für die einzelnen Unternehmen, welche im Stadtrat beschlossen werden sollen: "Aufgrund der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung der Teilkonzerne KWL, LVB und SWL für die Stadt und ihren Haushalt diskutiert und verabschiedet der Stadtrat bis zur Ebene eines jeden der drei Teilkonzerne individuelle eigentümergeprägte Oberziele." Drucksache IV/1063, S. 35. Eine auf den Zielen basierende und notwendige Konzernstrategie, liegt dementsprechend auch noch nicht vor. Bereits hier zeigt sich, dass ein grundsätzlicher Verkaufsbeschluss zu Anteilen der Stadtwerke, in der Systematik des Vorgehens einige Schritte vorausgreift und über wesentliche Informationen und Entscheidungsgrundlagen nicht verfügen würde.

Bei einer Entscheidung für oder gegen eine Privatisierung gilt es zwei wesentliche Ebenen zu unterscheiden: Eine strategische erste Entscheidung über ja oder nein einer Privatisierung und - nur bei einem ja - eine zweite konkrete Entscheidung, an wen zu welchen Bedingungen verkauft wird. An beide Ebenen sind bestimmte Anforderungen bezüglich der notwendigen Informationen zu richten, die vorliegen müssen, um verantwortungsvoll entscheiden zu können. So wären auf der ersten Ebene u. a. die begründete Notwendigkeit eines Anteilsverkaufs und seine Vorteilhaftigkeit gegenüber anderen Handlungsoptionen nachzuweisen, sowie gleichzeitig die Anforderungen zu definieren, die durch den Verkauf erfüllt werden müssten, damit definierte Ziele als erreicht und das gesamte Handeln als erfolgreich und gerechtfertigt gelten könnten. Auf der im Fall der Fälle folgenden zweiten Ebene des konkreten an Wen und zu welchen Bedingungen, wäre dann u. a. nachzuweisen, dass die Ziele tatsächlich erreicht und die Anforderungen erfüllt werden. Mit der aktuellen Vorlage befindet sich der Stadtrat auf der Entscheidungsebene Eins der grundsätzlichen Abwägung. Allerdings liefert diese keine der dafür notwendigen Informationen, wie nachfolgend gezeigt wird, und kann schon allein daher nicht für ein positives Votum zum Beschlussvorschlag taugen.

Zum Vergleich: einen zweistufigen Veräußerungsprozess hat es in Leipzig bereits 1997/98 gegeben, damals eingeleitet mit der Vorlage 127/97 "Verkauf eines Anteils von 40 % an den Stadtwerken Leipzig (einschließlich Ergänzungsvorlage)". Diese, von uns detailliert kritisierte Vorlage (Stadtwerke und Wettbewerb, Mai 1997), umfasste immerhin noch 30 Seiten, definierte u. a. Ziele der Stadt, Anforderungen an einen Partner und beschrieb insbesondere die Risiken der Energiemarktliberalisierung und des Wettbewerbsumfeldes der Stadtwerke (falsch, wie heute alle wissen). Selbst diese, bereits damals ungenügende Basis bietet die heutige Vorlage nicht mehr. Sie entwickelt kein strategisches Konzept für die kommunalen Unternehmen in der LVV und definiert keine Ziele für sie. Sie begründet weder die Notwendigkeit eines Anteilsverkaufs, noch legt sie überprüfbare Ziele, Anforderungen und Kriterien fest, an denen zu messen wäre, ob bei ihrer Einhaltung und Erreichung ein Anteilsverkauf die für die Stadt beste Variante darstellt. Sie bewertet keine Handlungsoptionen und legt die Konsequenzen der Entscheidung nicht dar.

Zur Struktur und generellen Aussagefähigkeit der Drucksache Nr. IV/1897

Die Stadtratsvorlage besteht aus zwei Teilen: Teil Eins ist der Beschlussvorschlag der Verwaltung mit seinen fünf Beschlusspunkten und der folgenden knapp zweiseitigen Kurzbegründung. Teil Zwei bilden die darauf folgenden über 200 Seiten; eine Untersuchung der BBVL nach einem definierten Raster über die ausgewählten städtischen Unternehmen KWL, LVB, SWL, LWB und SRL. Diese Untersuchung gibt, ausweislich der auf S. 13 ausgeführten Prämisse, explizit keine Empfehlungen zu einzelnen Unternehmen ab, sondern versteht sich als erste Informationsgrundlage für Diskussionen, Bewertungen und weitere konkrete Untersuchungen. Es ist eine Grundlage, die selber in keiner Weise den Anspruch erhebt, umfassende und ausreichende Informationen für eine grundsätzliche Privatisierungsentscheidung zu treffen. Dies u. a., weil sie eine Vielzahl von wichtigen Fragestellungen nur aufwirft, aber noch nicht weiter untersucht und keine Antworten darauf gibt und sie weitestgehend keine Bewertung der dargestellten Informationen vornimmt.

Festzustellen ist nun, dass Teil Eins, die Kurzbegründung des Beschlussvorschlags, an keiner Stelle auf Teil Zwei verweist, der die eigentliche Vorlage ausmachende BBVL-Untersuchung enthält. Weder argumentativ, in dem Erkenntnisse des BBVL-Papiers wiedergegeben, bewertet und Schlussfolgerungen daraus gezogen würden, noch mit Seitenverweisen, auf denen man die Belege für die Beschlussvorschläge finden könnte. Man kann und muss die ersten drei Seiten der Vorlage daher von der dann folgenden BBVL-Untersuchung abtrennen, da sie auf zwei völlig verschiedenen und unverbundenen Erkenntnisebenen agieren und so praktisch (noch) nichts miteinander zu tun haben. Das Verhältnis der beiden zueinander ist so, wie das einer am Anfang stehenden Voruntersuchung zu einer am Ende zu treffenden Grundsatzentscheidung - es fehlt die Hauptstudie und deren Bewertung als Grundlage und Bindeglieder dazwischen.

Die in der Kurzbegründung aufgeführten Argumente für einen Anteilsverkauf an den Stadtwerken, stehen so als reine Behauptungen im Raum, da sie komplett ohne Begründungen und Belege bleiben. Was bleibt, um über die Veräußerung von 49 % der SWL zu entscheiden und damit auch über die strategische Ausrichtung der LVV und deren Beitrag zur Zukunft der Stadt Leipzig, sind drei Seiten.

Zu den Argumenten für eine Veräußerung von Anteilen an den Stadtwerken Leipzig

Welche Argumente, in Folge welcher Prüfung, werden nun für den Vorschlag einer Veräußerung von 49 % der Anteile an den Stadtwerken Leipzig vorgebracht? Es ist eine Kette von vier Argumenten, die in der Kurzbegründung enthalten sind.

SWL und LVV sind Marktentwicklungen nicht gewachsen?

"Um den bis dato insgesamt durchaus erfolgreichen Wachstumskurs (der SWL) fortzusetzen, bedarf es neben immer qualifizierterem Know-how auch einer entsprechenden finanziellen Basis. Zukünftig wird das Unternehmen bzw. der LVV-Konzern jedoch immer weniger in der Lage sein, aus eigener Kraft diese notwendige Ausrichtung an den Marktentwicklungen zu tragen."

Dieses scheinbare Argument wirft ausschließlich Fragen auf, beantwortet aber keine und bleibt somit unbelegt: Um welche konkreten Marktentwicklungen geht es? Welches konkrete Know-how und welche konkrete finanzielle Basis werden dafür benötigt? Warum werden das Unternehmen und der LVV-Konzern immer weniger in der Lage sein, dies zu tragen?

Diese Fragen wiegen um so schwerer, als bisher nur das Gegenteil bekannt und dokumentiert ist. Die SWL verfügen über einen, auch von Vertretern der Stadtverwaltung, Stadtrat und LVV beschlossenen Fünfjahresplan, eine Konzernstrategie sowie über von Wirtschaftsprüfern testierte Jahresabschlüsse mit Lageberichten. Alle diese Unterlagen gehen von einem weiteren deutlichen Wachstum der SWL und ihres Jahresergebnisses aus und untersetzen das dafür notwendige Handeln. Die bisherige positive Entwicklung der SWL haben deren Fähigkeiten nachgewiesen marktadäquat zu handeln, neue Geschäftsfelder zu erschließen und die Finanzierung dafür sicherzustellen. Die SWL sind in allen wichtigen Spitzenverbänden der Energiewirtschaft vertreten und verfügen so über direkten Zugang zu Informationen, Diskussionen und Entscheidungen der Branche. Sie sind darüber hinaus mehrfach zertifiziert und weisen auch damit ein hohes Know-how in der Organisationsstruktur des Unternehmens nach.

Über welche(und warum?), bisher weder dem Aufsichtsrat der SWL, dem Aufsichtsrat der LVV, dem Beteiligungsausschuss oder dem Verwaltungsausschuss des Stadtrates zur Kenntnis gegebene Informationen verfügt nun die Verwaltungsspitze, die belegen, dass die SWL nicht über das Know-how und die finanziellen Möglichkeiten verfügen, die vorhandene Planung auch weiterhin umzusetzen? Im veröffentlichten Konzernlagebericht 2005 der LVV, mit Datum vom 2.6.2006, heißt es noch:
"Die Überprüfung der aktuellen Risikosituation in Verbindung mit einer längerfristigen Planungsrechnung ergab, dass im Jahr 2005 keine den Fortbestand des Konzerns oder einzelner Beteiligungsunternehmen gefährdenden Risiken bestanden haben und auch für die Zukunft bestandsgefährdende Risiken nicht erkennbar sind. Chancen für die weitere Entwicklung der Gesellschaft sieht die Geschäftsführung vor allem in der Vertiefung der Zusammenarbeit der Konzernunternehmen und der Optimierung der Konzernstruktur zur Erschließung weiteren Synergie- und Effizienzpotentials." (S. 58)

Wirtschaftliche Risiken gefährden Wettbewerbsfähigkeit der SWL?

"Die SWL werden im Einzelfall jedoch auch künftig immer wieder wirtschaftliche Risiken eingehen müssen, um neue Ertragschancen nutzen zu können. Damit würden jedoch strategisch erforderliche Investitionen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gefährdet."

Auch dieses Argument kann nicht bestehen, denn es bleibt genauso unbegründet wie das erste. Es wirft wiederum nur Fragen auf, ohne Antworten zu geben: Das Eingehen "wirtschaftlicher Risiken" (die für die SWL worin genau bestehen?) ist der Grundsatz jedweder wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Wettbewerbsmarkt und Wesenszug der Marktwirtschaft. Wirtschaftliche Risiken sind nur in garantierten Monopolen ausgeschlossen. Da die Tätigkeit eines Unternehmens per se immer mit einem Risiko versehen ist, kann es nur darum gehen, ob man sich a) in einem besonderen oder Hochrisikobereich bewegt (wie es z. B. spekulative Geldanlagen darstellen). Dies ist in der Energiebranche im Allgemeinen nicht der Fall und wurde zu Beginn der Energiemarktliberalisierung in Bezug auf Stadtwerke schon einmal fälschlicherweise behauptet. So kann es b) nur darum gehen, ob die SWL die normalen Risiken ihrer Tätigkeit nicht adäquat "handhaben" können, d. h., z. B. über kein geeignetes Risikomanagement- und Kontrollsystem verfügen, Risiken ungenügend absichern oder sie ungenügend streuen. Welche, bisher in keinem Gremium mit Stadtratsbeteiligung benannten Erkenntnisse liegen der Verwaltung hierzu vor?

Der Zusammenhang der beiden Sätze bleibt darüber hinaus völlig im Dunkeln und ohne Logik. Warum sind "strategisch erforderliche Investitionen" scheinbar ohne Risiko und daher durch das Eingehen "wirtschaftlicher Risiken" scheinbar anderer, aber gleichwohl notwendiger Art, gefährdet? Und welches sind die strategisch erforderlichen Investitionen einerseits und die Investitionen in wirtschaftliche Risiken andererseits? Und warum hat der Konzernlagebericht der LVV (siehe Zitat unter 3.1) gerade noch das Gegenteil behauptet?

Stadt und LVV können kein Kapital zuführen?

"Angesichts der bekannten, äußerst beschränkten finanziellen Handlungsspielräume der Stadt wird diese als Gesellschafterin der LVV mittelfristig kaum in der Lage sein, diesem, z. B. durch Zuführung von Kapital und/oder Verzicht auf geplante Haushaltssicherungsbeiträge entgegenzuwirken."

Ein Einspringen der Stadt mittels Kapitalzuführung und/oder Verzicht auf Teile der Ergebnisabführung der SWL an die LVV, würde sich nur dann notwendig machen, wenn die SWL a) von ihrem Wirtschaftsplan abweichen und dies b) in solchen Größenordnungen, dass es nicht, z. B. durch Kreditaufnahmen, unternehmensseitig aufgefangen werden könnte. Zum Thema, welches Risiko diesbezüglich besteht, haben wir bereits im vorigen Punkt Ausführungen gemacht . Es entbehrt zudem einer gewissen Logik, aus einer allgemeinen, nicht untersetzten Befürchtung eines theoretisch möglichen Ausschüttungsrisikos, die Ausschüttung durch eine 49 %-Privatisierung lieber sofort und definitiv zu verringern.

Die Zuführung von Kapital durch die Stadt/LVV an die SWL ist in der geltenden strategischen Planung und dem Fünfjahresplan der SWL nicht enthalten und nicht notwendig (Außer der geplanten Thesaurierung, die nach dem Prinzip der Vollausschüttung des Gesamtgewinns an die LVV und der teilweisen Wiedereinlage in die SWL funktioniert). Im Gegenteil wird nach Wirtschaftsplan der SWL zum einen eine Ausschüttung an die LVV in der Höhe erwirtschaftet, die eine vollständige Verlustfinanzierung der LVB durch die LVV-Unternehmen dauerhaft gewährleistet und zum anderen darüber hinausgehende Gewinne, die durch Wiedereinlage im Unternehmen thesauriert werden sollen und das Wachstum der SWL finanzieren (mit der Folge wiederum steigender Gewinne). Nach dem Wirtschaftsplan der SWL generiert das Unternehmen aus sich heraus sowohl die Finanzierung der LVB als auch sein eigenes Wachstum.

Strategischer Investor bringt Know-how und Kapital?

"Aus diesen Gründen strebt die LVV als Gesellschafterin, gemeinsam mit ihrer Gesellschafterin Stadt Leipzig, mittelfristig die Aufnahme eines strategischen Investors an, der den Wachstumskurs der SWL mit Know-how und entsprechendem Kapital unterstützt."

Hier wird nun unterstellt und daher als Vorschlag unterbreitet, ein privater strategischer Investor könnte dem fehlenden Können und dem hohen Risiko der SWL mittels Know-how und Kapital abhelfen.

Zum einen muss es die Stadt besser wissen. Sie hat mit dem zweimaligen Verkauf von Stadt-werkeanteilen an strategische Investoren (RWE/MEAG)und in der Debatte um eine Fusion mit EnviaM ausreichende Erfahrungen gemacht, dass weder die Strategie dieser Unternehmen kompatibel mit der eigenständigen Entwicklung der Stadtwerke ist (wobei dieses im Vorfeld aber regelmäßig versichert wurde), noch eine Unterstützung mit Know-how und Kapital stattgefunden hat und noch nicht einmal die im Konsortialvertrag festgelegten Zusagen eingehalten wurden. Deshalb hat sie die Anteile zweimal zurückgekauft und ist keine Fusion eingegangen.

Zum anderen bietet die Geschichte anderer Privatisierungen in Deutschland mehr als reichlich Stoff, um die Instrumentalisierung kommunaler Unternehmen durch "strategische Investoren" zu belegen. Dieser scheinbar unpersonalisierte und vorwärtsweisende Begriff meint ja nichts anderes als einen der großen Stromerzeuger der Branche. Deren natürliche Strategie besteht jedoch, wir haben die Erfahrung damit selber gemacht und auch das BBVL-Papier führt dies aus, in der Ausdehnung ihrer Absatzmärkte und der Optimierung ihrer Konzernaufstellung und nicht darin, einen kleineren Konkurrenten, an dem sie nicht einmal die Mehrheit halten, möglichst fit zu machen und expandieren zu lassen.

Drittens reichen einige wenige prinzipielle Überlegungen, um dieser "Lösung" mehr als nur Skepsis entgegenzubringen: Was ist, wenn der Investor, der ja nicht von der Stadt gelenkt wird, seine Strategie ändert? Oder, siehe MEAG, selber von einem anderen Unternehmen übernommen wird? Man ist darauf ohne Einfluss. Woraus folgt, dass man, um Know-how zu erhalten, zwingend jemanden an seinem Unternehmen beteiligen muss? Abgesehen davon, dass, wie weiter oben ausgeführt, weder definiert wurde, über welches Know-how die SWL nicht ausreichend verfügten, noch zur Kenntnis genommen wurde, dass die SWL von keinem Know-how ihrer vormaligen Anteilseigner profitierten, kann man sich Know-how erarbeiten und/oder einkaufen, sei es als Personal oder als Beratungsleistung. Ein Minderheitsgesellschaf-ter bringt Know-how jedenfalls nicht in strategisch relevantem Maße in ein Konkurrenzunter-nehmen ein und schon gar nicht kostenfrei - bezahlen kann man es aber auch anderswo, ohne sich zu verkaufen.

Wie unterstützt ein Investor die Stadtwerke mit Kapital? Die lapidare Formulierung "unterstützt den Wachstumskurs mit entsprechendem Kapital", unterschlägt die schlichte Tatsache, dass dies im Bedarfsfall die parallele Kapitalzuführung durch die Stadt/LVV bedingen würde. Wer Anteile an einem Unternehmen kauft, hat damit bereits Geld ausgegeben und will zuerst einmal dieses Kapital aus den Gewinnen des Unternehmens refinanziert haben. Die Geschäftstätigkeit im gekauften Unternehmen wird dabei weiterhin aus sich selbst heraus finanziert: aus dem Cash-Flow, über Gewinnthesaurierungen und über den Kapitalmarkt. So wie bei den SWL heute auch und im Wirtschaftsplan für die kommenden Jahre vorgesehen. Wenn ein Anteilseigner darüber hinaus noch weiteres Kapital in das Unternehmen investieren soll, geht das über eine Eigenkapitalaufstockung. Und die müsste die LVV/Stadt dann im Verhältnis ihrer Anteile mittragen, um nicht die Mehrheit am Unternehmen zu verlieren bzw. die Kapitalzufuhr zu blockieren. Aber genau das, nämlich Kapital in die SWL einbringen, kann sie laut eigener Begründung nicht. An den finanziellen Möglichkeiten der Stadtwerke würde sich somit durch einen weiteren Anteilseigner nichts ändern, wenn die Stadt den Kaufpreis nicht zum Teil wieder in das Unternehmen einlegt (was wiederum zur Voraussetzung hätte, ein weiterer Anteilseigner sieht überhaupt die Notwendigkeit der Eigenkapitalaufstockung und ist dazu bereit!). Doch die Einlage eines Teils des Verkaufserlöses in die SWL ist nicht vorgesehen.

Sowohl Know-how als auch Kapitaltransfer sind daher in keiner Weise belegt, sie widerspre-chen der Logik der Unternehmensinteressen und allen Erfahrungen, die Leipzig damit bisher gemacht hat. Es waren auch bereits 1998 Begründungen für den Anteilsverkauf, die Realität hat die Stadt 2003 zum Rückkauf veranlasst.

Finanzielle Gründe für den Anteilsverkauf?

Weitere Begründungen für den Anteilsverkauf werden dem Stadtrat nicht unterbreitet. Es sind zusammen ganze fünfzehn Zeilen, die, wie bereits ausgeführt, ohne einen einzigen Beleg und ohne Herleitung bleiben. Demgegenüber wurde noch in der Drucksache IV/1063 zum Thema Veräußerungen auf Seite 34 ausgeführt:
"Eine Bewertung der Vorteilhaftigkeit entsprechender Modelle sollte mindestens die Elemente Wirtschaftlichkeit, Haushaltsbeitrag, Auswirkungen auf den Standort, Einfluss der Stadt sowie Realisierbarkeit umfassen ..." (Es folgt eine umfangreiche Tabelle der Hauptkriterien der Stadt)

Nichts davon enthält die Ratsvorlage jedoch. Ist dieses bereits für eine verantwortungsbewusste Entscheidung des Stadtrates (und ein ebensolches Handeln der Verwaltung) nicht akzeptabel, fällt ein weiterer Aspekt noch besonders auf: Die Begründung für den Anteilsverkauf bezieht sich ausschließlich auf Risiko und Zukunft der Stadtwerke - ein Verkauf aus Sicht des Erzielens eines Erlöses für die Stadt wird als Begründung nicht ausgeführt. Dass dieses jedoch die eigentliche Triebkraft für den Vorschlag ist, muss man dann in folgendem Satz der Kurzbegründung lesen:
"Kurzfristig ist aber auch die Aufnahme von Finanzinvestoren denkbar, sofern die Stadt dadurch nach wie vor die Möglichkeit hätte, in einem angemessenen Zeitraum Anteile ohne Nachteile an strategische Investoren weiter zu veräußern."

Hier wird deutlich, dass es bei diesem Anteilsverkauf vor allem um einen schnellen Verkaufserlös geht. Denn plötzlich hat die Strategie noch Zeit, sind Know-how und Kapitaltransfer nicht mehr relevant, spielt es keine Rolle, ob ein passender "strategischer Investor" überhaupt gefunden würde. Wenn es aber denkbar ist, auch an einen Finanzinvestor zu veräußern, muss der dafür allein in Frage kommende Grund der Einnahmeerzielung aber in ganz besonderer Weise dahingehend begründet werden, dass diese einmalige Einnahme für das Unternehmen, die LVV und die Stadt vorteilhafter ist, als die jährlichen Ausschüttungen. (Dass sich ein Finanzinvestor, d. h. jemand, der im Geschäftsfeld der SWL selber nicht operativ tätig ist, sondern der sich eine gute Rendite für eine Geldanlage verspricht, nur in ein Unternehmen einkauft, von dem er überzeugt ist, dass es aus sich heraus seine wirtschaftlichen Ziele erreichen kann, spricht auch noch einmal dafür, dass die "strategische Notwendigkeit" für einen zusätzlichen Anteilseigner bei den Stadtwerken nicht belastbar und nur eine Hilfsbegründung ist.) Das eigentliche und für sich genommen positive Motiv, Einnahmen für den Haushalt der Stadt zu erzielen, wird jedoch auf den konkreten Vorschlag des Anteilsverkaufs der SWL bezogen, nicht auf seine zentrale Dimension der finanziellen Vor- und Nachteile überprüft. Alles, was zu den finanzwirtschaftlichen Aspekten des Anteilsverkaufs ausgesagt wird, ist:
"Mit der Veräußerung eines Anteils von bis zu 49,9 Prozent der SWL reduziert sich die Höhe der Ausschüttung an die LVV in entsprechender Höhe. Der LVV stehen damit zur Finanzierung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages geringere Beteiligungserträge zur Verfügung. Die Unternehmen der LVV-Gruppe müssen durch gemeinsame Anstrengungen zur dauerhaften Ertragsoptimierung die Finanzierung des ÖPNV verbindlich übernehmen und die Stadt Leipzig in Zukunft von jeglicher Finanzierungsverpflichtung freistellen. Die Perspektiven zur Erschließung von Synergien zwischen SWL und KWL müssen in diesem Zusammenhang untersetzt werden und dauerhaft zur Finanzierung des VLFV zur Verfügung stehen."

Dass dies keine finanzwirtschaftliche Begründung für die Vorteilhaftigkeit des Anteilsverkaufs ist, muss nicht weiter begründet werden: ein solcher Vorteil wird ja nicht einmal behauptet, geschweige denn dargestellt oder auch nur untersucht. So wie unterlassen wird darzustellen, dass der reine Anteilsverkauf, an welchen Interessenten auch immer, den Stadtwerken kein zusätzliches Kapital bringt, werden dem Stadtrat keinerlei Ausführungen zu den finanziellen Auswirkungen auf LVV und Stadt gemacht. Ja, es wird noch nicht einmal dargestellt, wie der bei der LVV anfallende Verkaufserlös ungeschmälert, d. h. unversteuert, an die Stadt transferiert werden soll. Dass dem so sein soll, kann man wiederum überhaupt nur aus dem Beschlusspunkt 3. a) folgern, dargestellt ist es nirgendwo.

Dass die Veräußerung von 49 % Anteilen der SWL zu einer Verminderung der Ausschüttung in den Querverbund der LVV führt, wird als einzige Auswirkung ausgeführt. Es wird jedoch nicht dargestellt, ob und in welcher Höhe die finanziellen Vorteile des Verkaufs diesen mit konkreten Zahlen bezifferbaren finanziellen Verlust übertreffen. Vielmehr wird ohne eine auch nur grobe Untersetzung, quasi per Verfügung, festgelegt, dass die LVV-Unternehmen zusätzlich zum Verlust von 49 % der SWL-Ausschüttung die LVB trotzdem weiter wie heute allein finanzieren sollen. Diese Art des Vorgehens hat nichts mit verantwortungsvoller Unternehmenssteuerung zu tun. Denn wie soll das erreicht werden, zumal, wenn bereits die heute geplante SWL-Rendite als so risikovoll eingestuft wird, dass lieber die Hälfte des Unternehmens verkauft werden soll? Einen Plan dafür gibt es augenscheinlich nicht, denn alles was dazu ausgeführt wird, ist, dass die LVV-Unternehmen "gemeinsame Anstrengungen" zur "dauerhaften Ertragsoptimierung" unternehmen müssen (was in diesem Falle nun scheinbar risikolos geht?).

Wenn die LVV-Unternehmen jedoch gegenüber heute (so einfach) weitere zweistellige Millionenbeträge generieren könnten, könnten sie das auch ohne Anteilsverkauf. Und diese gegenüber heute weiter verbesserte wirtschaftliche Perspektive müsste entsprechend in die nötige Betrachtung eingestellt werden, ob ein Anteilsverkauf finanziell vorteilhaft ist. Als logisches Prinzip gilt nämlich: er wird um so unwirtschaftlicher, je besser die Rendite der Unternehmen ist. Können die LVV-Unternehmen aber keine zusätzlichen Gewinne zur Finanzierung des ÖPNV generieren, wird entweder der Druck enorm erhöht, eine Ausschüttung zu Lasten der Substanz vorzunehmen (also eine dauerhafte Schwächung statt Stärkung der Unternehmen!) oder es bliebe die Konsequenz der "Anpassung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages" . Eine solche Option unbeziffert und unbeschrieben in ihren konkreten Auswirkungen auf die Leistungen der LVB in Kauf zu nehmen, wäre allerdings für sich genommen schon unverantwortliches Handeln von Verwaltung und Stadtrat.

Dass außerdem "zu erschließende Synergien zwischen SWL und KWL" zur Finanzierung des Defizits verfügbar gemacht werden sollen, zeigt ein weiteres Mal, wie wenig planvoll hier argumentiert wird, wie wenig das Thema durchdrungen wurde und wie wenig Substanz in dem Vorschlag steckt. Genau solche Synergien, wie sie bereits seit geraumer Zeit von den beiden Unternehmen gefordert werden (und die zumindest im Wirtschaftsplan der SWL auch als zukünftiger Ergebnisbeitrag bereits enthalten sind!), wird es nämlich nicht geben, wenn die beiden Unternehmen unterschiedliche (Teil-)Anteilseigner haben. Völlig übergangen werden dafür die Ausführungen in bereits angeführter Drucksache IV/1063 vom August 2005, zur weiteren Strategie von SWL/KWL: "Zu prüfen ist die Zusammenführung der Netze Strom/Gas/Fernwärme/Wasser/Abwasser in einer Gesellschaft entweder nur als Betriebsgesellschaft oder auch mit Übertragung des Anlagevermögens mit der Zuordnung als Tochterunternehmen der LVV oder als gemeinsames Tochterunternehmen von SWL und KWL (Enkelunternehmen der LVV). Die Präferenz liegt bei einer Netzbetriebsgesellschaft als Tochterunternehmen der LVV in der Sparte Energie. Bei der Überführung der Netze in eine Gesellschaft werden die unterschiedlichen Strategien und Unternehmenskulturen in SWL und KWL zusammengeführt. Die Zusammenführung der Strategien und Vereinigung der Kulturen beider Unternehmen ist der erste Schritt eines möglichen späteren Zusammengehens von SWL und KWL." S. 67

Zu Aspekten des Haushaltes der Stadt Leipzig und zur Wirtschaftlichkeit eines Anteilsverkaufs

Die Haushaltssituation der Stadt wird ganz wesentlich durch ihren Schuldenstand und die sogenannten Altfehlbeträge (= strukturelle Defizite) geprägt. Letztere entstehen, wenn die laufenden Ausgaben höher als die laufenden Einnahmen sind. Schuldenstand und Altfehlbeträge sollen durch die Vereinnahmung von Veräußerungserlösen im Stadthaushalt gesenkt werden. Dieser Option verschließt sich die Fraktion nicht prinzipiell. Unabhängig von den anderen bei Privatisierungsüberlegungen zu beurteilenden Aspekten, muss jedoch auch gerade an die Frage der wirtschaftlichen Effizienz einer Veräußerung ein hoher Anspruch an eine stichhaltige und belastbare Begründung gestellt werden.

Dies beinhaltet u. a. drei ganz wesentliche Aspekte. Erstens: Woraus resultieren Schulden und Altfehlbeträge und wie ist deren weitere Entwicklung zu prognostizieren? Dies bedeutet u. a. eine Haushaltsprognose bis zum Jahr 2020 aufzustellen, da das Abschmelzen des Solidarpaktes von 2009 - 2019 zu weiteren kommunalen Mindereinnahmen führen wird. Auch die ständig über die bisherige Planung gestiegenen Sozialausgaben müssen realistisch und für einen längeren Zeitraum prognostiziert werden, denn es gilt: strukturelle Defizite, die durch Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene bei der Stadt dauerhaft entstehen, können nicht sinnvoll mit der einmaligen Veräußerung (profitablen und begrenzten) kommunalen Vermögens ausgeglichen werden. Zweitens ist zu fragen, welche Option der Anlage städtischen Vermögens dauerhaft ertragreicher ist. Die der Anlage in einem kommunalen Unternehmen, was zu einer bestimmten Rendite führt oder die der Schuldentilgung, was zu einer Minderung einer bestimmten Zinsbelastungen führt? Und drittens müsste konkret dargelegt werden, wie ein auf Ebene der LVV anfallender Verkaufserlös steuerfrei an den Stadthaushalt transferiert werden kann. Dafür dürfte sich nur die Rückzahlung des Darlehens (= Unternehmenswert der SWL) eignen, dass die Stadt der LVV mit der Einlage von 60 % der Stadtwerke in die LVV gegeben hat. Mit einer Rückzahlung des Darlehens entfiele aber nicht nur automatisch die derzeitige jährliche Darlehensrückzahlung in Raten, sondern auch die jährlichen Zinszahlungen, die von der LVV jetzt auf das Darlehen gezahlt werden. Und allein diese Zinszahlungen auf das Gesellschafterdarlehen liegen um zwei Prozentpunkte höher, als die Zinsen der Stadt auf ihre Schulden.

Zahlen hat die Stadtverwaltung hierzu nicht vorgelegt. Der Stadtrat kann daher gegenwärtig weder ermessen, in welchem Umfang unabhängig von einer einmaligen Einnahme durch einen Verkaufserlös jedes Jahr neue strukturelle Defizite entstehen, noch, ob eine kurzfristige Schuldenreduzierung (eine entsprechende Erlösverwendung vorausgesetzt) nicht bereits mittelfristig überkompensiert wird durch die reduzierte Renditezahlung. Auch zukünftig weiter entstehende strukturelle Defizite in Verbindung mit verringerten Einnahmen, die die vermiedenen Schulden übersteigen, würden das eigentlich zu behebende Haushaltsproblem jedoch nur verschärfen. Auch hier können wir auf eine eindrückliche eigene Erfahrung zurückgreifen: Wir haben 1998 bereits einen Verkaufserlös von 214 Mio. Euro für 40 % der Stadtwerke im städtischen Haushalt vereinnahmt. Die Haushaltssituation der Stadt ist aber nur acht Jahre später keineswegs besser, sondern deutlich schlechter als damals. Demgegenüber kann aber gleichzeitig gezeigt werden, dass der Rückkauf der 40 % durch die LVV von wirtschaftlichem Vorteil für die LVV und damit die Stadt Leipzig war. Jedoch hat die Verwaltung dem Stadtrat auch zum Thema Wirkungen, Erfahrungen und finanzielle Auswirkungen der vormaligen privaten Anteilseignerschaften an den SWL keine Informationen vorgelegt - etwas, das selbstverständlich sein sollte, wenn man bereits zweimal mit dieser Option gescheitert ist.

Ebenfalls kann aktuell aufgezeigt werden, dass die Beteiligungserträge der LVV insgesamt, die der SWL separat in noch höherem Maße, deutlich über der möglichen Schuldentilgung der Stadt liegen. Eine Veräußerung von Anteilen der Stadtwerke muss daher zwangsläufig in der Zukunft zu einer Verschärfung statt zu einer Entspannung der Haushaltslage der Stadt führen.

Diese Überlegungen anzustellen ist im übrigen auch das Regierungspräsidium Leipzig in seiner Funktion als Aufsichts- und Bewilligungsbehörde für den Haushalt der Stadt gehalten. Auch das Regierungspräsidium kann und darf die Stadt nicht zu Veräußerungen kommunalen Vermögens verpflichten, wenn dies zukünftig augenscheinlich zu einer noch verschärfteren Haushaltslage führen müsste und damit die Handlungsfähigkeit der Stadt perspektivisch noch stärker eingeschränkt würde. Die Konsequenz daraus könnten dann in wenigen Jahren nur noch radikale Einschnitte in die Leistungen der Stadt für ihre Bürger sein, gegen die sich die gegenwärtigen Maßnahmen, z. B. in der Kultur, als harmlos ausnehmen dürften.

Nicht zuletzt muss derzeit festgestellt werden, dass es auch in finanzieller Hinsicht kein stringentes Zielkonzept der Stadt für die LVV und ihre Teilunternehmen gibt. Insbesondere ist ein von den Füßen auf den Kopf gestelltes Herangehen zu konstatieren, indem regelmäßig von der Höhe des Haushalts(fehl)bedarfs auf die von der LVV zu erbringenden finanziellen Beiträge geschlossen wird - und zwar ohne dass klar definiert wird, wo die auch langfristige Leistungsfähigkeit der LVV liegt. Nur der Betrag, der bei seiner Ausschüttung die LVV und ihre Teilunternehmen auch dauerhaft leistungsfähig hält, darf und muss von der Stadt abgefordert werden. Bewertet werden darf und muss dieser Betrag wiederum nur an der Angemessenheit seiner Rendite, verglichen mit anderen Optionen der Anlage des städtischen Vermögens, nicht jedoch an der Größe des Haushaltsloches.

Derzeit und mit der Vorlage zum Anteilsverkauf der Stadtwerke wird von der LVV bzw. deren Einzelunternehmen u. a. folgendes erwartet:

  • die Entrichtung von Konzessionsabgaben (Status Quo)
  • die Finanzierung der Leistungen des ÖPNV (Status Quo)
  • die Ratenzahlungen zur Tilgung des Gesellschafterdarlehens der Stadt an die LVV (Status Quo)
  • die Zinszahlungen auf das Gesellschafterdarlehen (Status Quo)
  • Haushaltssicherungsbeiträge von 3 Mio. (2006) bis 7,18 Mio. (2008) (zusätzliche Forderung der Verwaltung)

Weiter darüber hinausgehende Haushaltssicherungsbeiträge (zusätzliche Forderung der Verwaltung)

  • Zahlungen in Millionenhöhe für Grunddienstbarkeiten (zusätzliche Forderung der Verwaltung)
  • Ausgleich des erheblichen Ausschüttungsdefizites bei einem Anteilsverkauf der SWL (zusätzliche Forderung der Verwaltung)
  • Möglichst weitgehende Stabilität in den Preisen für Bürger und Unternehmen

Insgesamt erscheint dies nicht nur wie die Quadratur des Kreises, sondern ganz wesentlich getrieben von einer einseitigen Betrachtungsweise aus Sicht des städtischen Haushaltsdefizites. Diese droht durch die Nichtbestimmung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der LVV und ihres dauerhaften Erhaltes, in der Konsequenz zu einer weiteren Vergrößerung eben jenen Defizites zu führen. Gegenwärtig kann somit nicht festgestellt werden, dass ein Anteilsverkauf an den Stadtwerken von dauerhaftem finanziellen Vorteil für die Stadt ist. Er ist nicht belegt. Ebensowenig, wie die konkreten finanziellen Auswirkungen von Anteilsverkauf, Erlöstransfer von der LVV an die Stadt und Erlösverwendung bei der Stadt, auf der Ebene der SWL, der LVV und der Stadt dargelegt wurden.

Alternativendiskussion

Die in der BBVL-Untersuchung auf S. 22 aufgeführten und zu untersuchenden Alternativen für den Umgang mit den Unternehmen des LVV-Konzerns, liegen bisher in keiner aussagefähigen und bewertbaren Form vor. Symptomatisch für die nicht erst seit heute bestehende latente Nicht-Steuerung des LVV-Konzerns durch die Stadt, ist die Aussage der BBVL auf S. 43: "Die Möglichkeit eines Ausbaus (der LVV zum Stadtkonzern) sind in der Vergangenheit bereits verschiedentlich geprüft und ergebnislos diskutiert worden. Angesichts der parallel geführten Diskussion um die LVV sollen die einzelnen Aspekte hier nicht weiter vertieft werden."

Abgesehen davon, dass diese Prüfungen und Diskussionen bisher noch nie den Stadtrat erreicht haben und der sich von den möglichen Optionen daher kein Bild machen kann, wird hier eine Option praktisch ausgeblendet, weil die Verwaltung bisher nicht in der Lage war, die LVV durch klare strategische Vorgaben an ihren Zielen auszurichten.

Generell gilt, dass es eine Vergleichbarkeit von Alternativen nur insoweit gibt, als sie tatsächliche unterschiedliche Optionen zum Erreichen des selben Ziels sind. Und vor allem: Eine Option, die gemessen am Ergebnis (an der Zielerreichung) versagt, wird nicht dadurch besser, dass andere Optionen möglicherweise auch versagen. D. h., wenn ein Anteilsverkauf der Stadtwerke sich als unwirtschaftlich darstellt, wird er nicht dadurch wirtschaftlich, dass andere Veräußerungsoptionen, seien es Tochterunternehmen der SWL, der LVV oder anderer kommunaler Beteiligungen, möglicherweise auch nicht wirtschaftlich und/oder aus anderen Überlegungen heraus nicht umsetzbar oder erwünscht sind. Das kann in der Konsequenz bedeuten, dass man das Ziel, einen bestimmten Betrag aus Veräußerungserlösen zu erzielen, in seiner Größenordnung verändern muss, wenn man feststellt, dass Veräußerungen im ursprünglich geplanten Umfang schon mittelfristig schädlicher als nützlich sind.

In der weiteren Konsequenz heißt das, dass man weiter untersuchen muss, auf welch anderen Wegen sich der Haushalt der Stadt konsolidieren lässt (Immer vorausgesetzt, dies liegt überhaupt in Gänze in der Steuerungsfähigkeit der Kommune - siehe Lastenübertragung von Bund und Land, allgemeine wirtschaftliche sowie demographische Entwicklung).

Konnte bis hierher gezeigt werden, dass die Notwendigkeit einer Veräußerung von Anteilen der Stadtwerke aus Gründen ihrer zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit durch die Verwaltung nicht nachgewiesen wurde und konnte auch gezeigt werden, dass keine positive finanzwirtschaftliche Begründung für den Verkauf erbracht wurde (von allen anderen fehlenden Nachweisen zu Themen wie Standortpolitik, Wirtschaftsförderung, Arbeitsplätze, regionale Wertschöpfung, kommunale Einflussnahme etc. pp. ganz abgesehen), gilt es nun aus unserer Sicht, dass die Stadtverwaltung intensiv andere Möglichkeiten untersucht, Einnahmen für den Haushalt zu generieren. Dazu könnten u.a. folgende Varianten gehören: Verkauf von anderen Beteiligungen der Stadt, der LVV und deren Tochterunternehmen, Kauf städtischen Vermögens durch die LVV bzw. deren Tochterunternehmen, Fusion Stadtwerke / Wasserwerke bzw. Kauf des einen durch das andere Unternehmen mit gleichzeitiger Reduzierung der LVV auf eine personalfreie Gesellschaft, Ablösung des Gesellschafterdarlehens der Stadt bei der LVV durch ein Bankdarlehen oder andere geeignete Fremdkapitalfinanzierungen, Kapitalschnitt bei den Tochterunternehmen der LVV. Auch diese Optionen müssen natürlich anhand einer breiten Palette von Kriterien u. a. daraufhin untersucht und bewertet werden, welche Vor- und Nachteile sie haben, welche Chancen und Risiken, welche langfristigen finanziellen Auswirkungen und ob sie realisierbar sind.

Zwingend ist unabhängig davon jedoch die Intensivierung der Erschließung von Synergien zwischen den Stadt- und den Wasserwerken, um damit die Leistungsfähigkeit der LVV dauerhaft weiter zu verbessern und ihren Beitrag zur Haushaltssanierung der Stadt tatsächlich erhöhen zu können.

Zusammenfassung

Die Unternehmen der LVV sind von außerordentlich hoher Bedeutung für die Stadt. Dies betrifft u .a. die Aspekte von kommunaler Unabhängigkeit, Versorgungssicherheit, Infrastrukturqualität, Wirtschaftsförderung, Umweltschutz, unmittelbare und mittelbare Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, regionaler Wertschöpfung sowie der Finanzierung des ÖPNV und weiterer Beiträge zum Haushalt der Stadt Leipzig.

Die Stadtverwaltung hat aus verschiedenen Beschlüssen des Stadtrates auch den Auftrag erhalten, eine (Teil-)Veräußerung der Stadtwerke zu untersuchen - nicht jedoch einen nur noch zu vollziehenden Veräußerungsauftrag. Auch die Erwartung des Regierungspräsidiums, Beiträge zur Haushaltssanierung aus Veräußerungen kommunalen Vermögens zu erwirtschaf-ten, sollten und können (insbesondere in der Frage der Größenordnung) nicht als Diktum interpretiert werden. Das RP kann gerade in seiner Rolle als Aufsichts- und Genehmigungsbe-hörde für den Haushalt der Stadt keine Maßnahmen der Kommune fordern oder gar billigen, die mittel- und langfristig zu noch gravierenderen Haushaltsproblemen führen müssen.

Entscheidungsvorschläge für den Stadtrat zur Veräußerung von bedeutendem, hoch rentierlichem kommunalen Vermögen, bedürfen einer qualifizierten Untersuchung und Bewertung. Unter anderem zu damit verbundenen Chancen und Risiken, Vor- und Nachteilen und ihren Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Zeithorizonten. Sie benötigen auch einen klaren Zielkatalog und definierte Bewertungsmaßstäbe, um ihre Wirksamkeit und das Erreichen der Ziele messen zu können. Entscheidungsvorschläge die Unternehmen der LVV oder die LVV als solche betreffen, müssen zudem in die Reihenfolge und Systematik der Strategiediskussion des Stadtrates für die LVV eingebunden sein und können dieser nicht vorausgreifen und damit die verfügbaren Optionen schon im Vorfeld ohne ihre allseitige Prüfung reduzieren.

Die dem Stadtrat vorgelegte Untersuchung der BBVL bietet ausweislich ihrer eigenen Definition und ihres Inhaltes keine ausreichende Untersuchungstiefe und -breite, um daraus resultierend eine Veräußerungsentscheidung treffen zu können. Auch die Diskussion in der Arbeitsgruppe städtische Beteiligungen ist bisher nicht bis zu dieser Entscheidungsebene fortgeschritten.

Der mit der BBVL-Untersuchung verbundene Entscheidungsvorschlag der Verwaltung zur Teilveräußerung der Stadtwerke bleibt daher ohne die erforderliche belastbare Begründung. Er stellt vielmehr auf eine Argumentationskette eines zukünftigen Risikos der Entwicklung der Stadtwerke ab, die weder durch die bisherigen Leistungen und Entwicklung der SWL, noch durch Belege der Verwaltung gedeckt sind und die sich bei näherer Betrachtung als nicht stichhaltig erweisen. Der angebotene "Lösungsweg" der Beteiligung eines "strategischen Investors" reflektiert weder die bisherigen Erfahrungen der Stadt mit solchen Investoren, noch die anderer Kommunen und die prinzipiellen Divergenzen solcher "Partnerschaften". (Die BBVL-Untersuchungen benennt die Problemlagen durchaus, nur werden sie im Verwaltungsvorschlag negiert.) Der Vorschlag wird zudem auch noch selber disqualifiziert, indem auch eine Veräußerung an einen Finanzinvestor (übergangsweise, aber ohne Sicherheit, einen passenden strategischen Investor auch zu finden) empfohlen wird - der definitionsgemäß nichts von dem leisten will und kann, was ein strategischer Investor angeblich unabdingbar leisten müsste.

Die damit offensichtlich vorrangig finanzielle Dimension und Antriebskraft für den Veräußerungsvorschlag bleibt komplett unbeleuchtet. Die Verwaltung hat hierzu keinerlei Zahlen vorgelegt. So kann der Stadtrat weder beurteilen in welchem Umfang, unabhängig von einer einmaligen Einnahme durch einen Verkaufserlös, jedes Jahr neue strukturelle Defizite im Haushalt entstehen, noch, ob eine kurzfristige Schuldenreduzierung (eine entsprechende Erlösverwendung vorausgesetzt) nicht bereits mittelfristig überkompensiert wird durch die reduzierte Renditezahlung. Alle bisher aus den Geschäftsberichten und dem Haushalt hervorgehenden Zahlen sprechen allerdings schon allein aus finanziellen Gründen und der langfristigen Sicherung von Einnahmen für die Stadt gegen eine Veräußerung. Auch die Erfahrung, dass sich die finanzielle Lage der Stadt seit dem 1998 bereits einmal vorgenommenen Anteilsverkauf von 40% weiter verschlechtert hat, spricht dagegen, dass dies ein hilfreicher Weg zur dauerhaften Sanierung des städtischen Haushaltes ist.

Andere Optionen zur Erzielung von Erlösen für die Sanierung des städtischen Haushaltes werden dem Stadtrat bisher ungenügend oder gar nicht dargelegt und bewertet. Hier besteht erheblicher Bedarf an Nacharbeit durch die Verwaltung. In der Bewertung unterschiedlicher Optionen muss zudem neben der Ebene, welche Option besser als andere Optionen ist, zwingend auch die Ebene betrachtet werden, ob eine Option das definierte Problem für sich genommen auch tatsächlich verringert oder gar noch verschärft. Die bessere von zwei untauglichen Varianten bleibt immer noch eine untaugliche Variante. Es kann nicht darum gehen, etwas zu tun, sondern darum, etwas nachhaltig wirksames zu tun.

Ein erster Schritt innerhalb der LVV in diese Richtung, muss die Inangriffnahme der Erschließung von weiteren Synergien sein, die z. T. schon in den Wirtschaftsplänen der Unternehmen eingestellt, bisher aber noch nicht praktisch untersetzt sind. Dies muss einhergehen mit der Verabschiedung einer Konzernstrategie, die eine sach- und finanzbezogene langfristige Leistungsfähigkeit der LVV für die Stadt sichert. Hier hat die Stadt einerseits ihre Steuerungsfunktion wahrzunehmen und andererseits ihre finanziellen Forderungen an die LVV an dem auszurichten, was die LVV dauerhaft leisten kann - und dann auch leisten muss.


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